Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,
auf sueddeutsche.de stellte Johannes Boie neulich die Frage: Stirbt die Webseite? Kurz zusammengefasst: Die Zahl der Webseiten sinkt, die Zahl der Apps steigt. Dass eine Mehrheit aller Internetnutzer weltweit über Handys ins Netz geht, ist absehbar, und viele Menschen bewegen sich vor allem in "Supernetzen" - sprich: Facebook.
Dazu ist es auch noch interessant zu wissen, dass gerade Facebook schon seit vergangenem Jahr öffentlich an einem Weg arbeitet, wie Apps untereinander verlinkt werden können. "AppLink" heißt das System und soll nur funktionieren, wenn sich die entsprechenden Apps auch mit Facebook verbinden.
Das spricht, wie Boie korrekt feststellt, gegen das offene Netz, wie es heute funktioniert. Allerdings liegt es in der Hand der App-Entwickler, schon jetzt einfach untereinander zu verlinken. So lange eine App auf HTML-5-Basis funktioniert und gegebenenfalls ein äquivalentes Angebot im WWW hat, kann jeder natürlich einen ganz normalen HTML-Link setzen, und er funktioniert.
Und auch Twitter ist kein eigenes "Supernetz". Denn Twitter dient vor allem dazu, auf andere Inhalte zu verlinken, den 140 Zeichen sind für ausführliche Gedanken einfach zu kurz. Twitter ist ein gigantisches Empfehlungsnetz für Inhalte, das auf die Vernetzungsmöglichkeit des World Wide Web angewiesen ist. Google ist ebenfalls darauf angewiesen, dass die Suchmaschine Inhalte finden und verlinken kann. Insofern haben einige der ganz großen Player im Netz gar kein Interesse daran, dass sich die Struktur des Netzes, auf die wir im Hintergrund auch in den immer online befindlichen Apps noch zugreifen, in Teilnetze aufsplittet.
Facebook ist dabei eine Ausnahme, die wir so bisher noch nicht gesehen haben. Facebook hat kein Problem mit einer Monopolisierung des Informationsangebotes. Richard Gutjahr, Blogger und Internet-Prophet, hat auf dem Frankfurter Tag des Online-Journalismus diese Entwicklung auch skizziert: Dass Journalisten und Medienunternehmen ihre Inhalte direkt auf Facebook posten statt auf eigenen Webseiten, ist nicht mehr lange hin. Das US-amerikanische Nachrichtenportal "Now This News" hat seine Webseite schon abgeschaltet und postet seine Inhalte nur noch auf den Seiten von Drittanbietern. Immerhin - das tun sie auf eine Art und Weise, die dann auch wieder gut verlinkbar ist.
Aus kirchlicher Sicht ist diese Aufgabe von selbst gestalteten Räumen kein grundsätzlich sinnvolles Modell. Ja, wir bewegen uns gern auf vielen anderen Plattformen, auf Facebook, YouTube, Twitter, Instagram, WhatsApp, Tumblr und so weiter. Trotzdem sollten wir uns als Kirchen zusätzlich die digitalen Räume reservieren, die wir nutzen wollen. Wie wir diese Räume dann gestalten, ist eine intensiv geführte Debatte, das erlebe ich hier auf evangelisch.de ja auch immer wieder. Aber wir haben unsere Kirchen noch in den Städten stehen, und genauso brauchen wir auch unsere Räume im Netz. Selbst, wenn sie irgendwann altmodisch rüberkommen (aber hoffentlich so modernisiert werden, dass sie nie unter Denkmalschutz gestellt werden müssen).
Deswegen liegt es auch an uns in den Kirchen, für das offene, vernetzte WWW zu werben. Darin können sich ja durchaus große kapitalistische Content-Knoten bilden. Aber die vernetzte Grundstruktur (einschließlich Netzneutralität) macht das WWW zu einem prinzipiell chancengleichen Großraum. Ich glaube, dass es genug Interesse der ganz großen Netzfirmen gibt, diese Struktur auch zu erhalten. Aber es schadet nicht, neben diesen profitgetriebenen Wunsch auch einen christlich-ethisch begründeten Wunsch zu stellen. Nämlich den Wunsch nach mehr Links.
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Ich werde immer am Freitagabend an dieser Stelle ihre Fragen beantworten, so gut ich kann, und wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Start ins Wochenende!