Ihre Fragen, unsere Antworten - Folge 5: Homoheilungen und andere Absurditäten
Müsste sich die evangelische Kirche stärker von Homoheilern distanzieren?

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und Nutzer,

"Mein Name ist Richard Jensen. Ich arbeite mit einem Finanzierungsinstitut hier in den Niederlanden Während meiner letzten Sitzung und Prüfung der Bankkonten innerhalb unserer Bank, meine Abteilung fand ein ruhendes Konto mit einer enormen Summe von US$ 55,500,000.00 (fünfundfünfzig, Millionen fünfhundert tausend Dollar), die von einem verstorbenen Mr. Williams aus England vor seinem Tod hinterlegt wurde. Aus unserer Untersuchung hatte er keine nächsten Angehörigen, diese Mittel zu erreichen. [...] Ich brauche deine Erlaubnis, als Partner unserer verstorbenen Kunden zu stehen, so dass die Mittel sofort freigelassen und auf Ihr Bankkonto übertragen werden [...] Beachten Sie auch, dass diese Transaktion ohne Risiko, ist alles was ich brauche Ihre Ehrlichkeit und Vertrauen. [...]"

So so, der gute Absender dieser E-Mail braucht nur meine Ehrlichkeit und Vertrauen! Na, das schenke ich ihm natürlich sofort, so vertrauenswürdig wie dieser gute Mann da klingt.

Aber ernsthaft: Ich frage mich schon lange, warum solche Spams offensichtlich noch immer funktionieren. Wenn Ihnen sowas ins Postfach flattert, werfen Sie es einfach weg! Und schreiben Sie stattdessen mir eine Frage an inhaltsvorschlag@evangelisch.de zu etwas, das Sie schon immer über evangelisch.de wissen wollten. Ich bekomme so etwas viel lieber als zwielichtige Angebote ausländischer Anwälte, die das angebliche kostenlose Geld dann auch noch 40/60 aufteilen wollen.

Eine Frage hat Sie aber in der vergangenen Woche doch beschäftigt, und zwar das Thema Homoheilung. Dirk Rehbein hat uns dazu eine E-Mail geschrieben:

"Gestern Abend lief eine Sendung auf dem NDR Panorama - Die Reporter "Schwulenheiler 2", in der die Frage aufgeworfen wurde, wieso sich die EKD nicht von Gruppierungen und Gemeinden distanziert, die Schwulen, Lesben usw. Heiklungsangebote machen. Eine Auseinandersetzung mit dieser Sendung und der Haltung der evang. Kirchen zu den "Evangelikalen" auf Ihrem Portal fände ich hilfreich."

Von "den Evangelikalen" gibt es viele verschiedene Spielarten, die nicht alle in einen Topf geworfen werden können, das ist sicherlich ein Thema, das wir detaillierter aufgreifen können. In Sachen Homoheilung allerdings ist die Lage klar: Wer solche absurden Ideen vertritt, ist auch nicht viel näher an der Wirklichkeit als der angebliche niederländische Anwalt, den ich eingangs zitierte. Im Blog "kreuz & queer" hier auf evangelisch.de ist Katharina Payk bereits auf die Panorama-Sendung eingegangen. Zum ganzen Themenbereich Homosexualität und Bibelverständnis haben wir schon 2013 ein Interview mit Pfarrer Nils Christiansen geführt, das immer noch lesenswert ist.

Die Überschrift dieses Interviews fasst die Lage gut zusammen: "Homosexuelle auszuschließen ist evangeliumsfeindlich." Die Versuche einer "Heilung" sind absurd, falsch und unchristlich, weil sie mehr Schaden in einem Menschen anrichten als sie Gutes tun. Wer sich das nicht vorstellen kann, dem sei dieses Porträt des schwulen Prediger-Sohnes James Guay im Schweizer Tagesanzeiger ans Herz gelegt. Da geht's zwar um US-amerikanische Fundamentalisten, die zum Teil noch deutlich radikaler sind als unsere deutschen Evangelikalen, aber trotzdem wird da sehr deutlich, wie Menschen unter dem Druck einer unmöglichen "Heilung" zerbrechen können. Immerhin - in der EKD ist die Akzeptanz von homosexuellen Menschen und Partnerschaften mehrheitlich hoch, auch wenn nicht alle Landeskirchen und Gemeinden gleich liberal damit umgehen.

Evangelisch.de-Nutzer Günther Bartsch fragt denn auch zum gleichen Thema unter dem Blogeintrag von Katharina Payk:

"Ist es nicht eine Kernaufgabe der Kirche, gegen Diskriminierung zu kämpfen?"

Ja, das ist eine Kernaufgabe aller Christen - oder sollte es zumindest sein. Die Botschaft Jesu Christi ist eine Botschaft der Liebe zu den Menschen und sollte auch als solche gepredigt und gelebt werden, und zwar gegenüber allen. Sonst ist das Beharren auf dem geschriebenen Wort das Papier nicht wert, auf dem Luther es gedruckt hat. (Das kommt von mir aus diesem evangelisch.de-Kommentar von Januar 2014).

Das gilt immer, bei Angriffen auf Christen in Kenya oder Nigeria ebenso wie bei der beiläufigen Ächtung hierzulande von Homosexuellen, Flüchtlingen, Migranten oder allen anderen, die anders sind als man selbst. "Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob", diese Jahreslosung aus dem Römerbrief ist dazu einfach unschlagbar. Das gilt es, immer wieder selbst zu leben und anderen vorzuleben. Homoheilung ist das genaue Gegenteil dieser Losung.


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Ich werde immer am Freitagabend an dieser Stelle ihre Fragen beantworten, so gut ich kann, und wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Start ins Wochenende!

P.S.: Am Montag ist EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm hier im Livestream zum Thema Sterbehilfe zu sehen, zu hören und zu befragen!