Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und Nutzer,
der Flugzeugabsturz in Südfrankreich, bei dem 150 Menschen starben, beschäftigt uns in der Redaktion noch immer. Die Diskussion, wie wir mit dieser Katstrophe umgehen sollten, haben wir schon kurz nach dem Bekanntwerden der Nachricht vom Absturz begonnen. Wir haben uns entschieden, unser Augenmerk auf die Fragen zu richten: Was kann Kirche tun, um den Hinterbliebenen zu helfen und wie können wir als Gesellschaft mit der Katastrophe umgehen?
Wir haben ein Interview mit einem Seelsorger geführt, die Rolle der Kanzlerin als Stellvertreterin des Volkes bei der Trauer diskutiert und die Frage gestellt: Was kann man eigentlich noch sagen, wenn selbst Hiobs Freunde erstmal sieben Tage mit ihm geschwiegen haben?
Aber vor allem haben wir sehr schnell nach dem Bekanntwerden der Nachricht ein Gebet gepostet, hier auf evangelisch.de und auf Facebook. Das ist bei vielen von Ihnen gut angekommen, aber nicht bei allen. Daraus entspann sich ein Gespräch, auf das ich gern noch etwas weiter eingehen möchte. Kritisiert hat uns vor allem Christian Ziegler auf Facebook:
Christian Ziegler Vielleicht darf ich Ihnen als Hinterbliebener eines anderen Flugzeugabsturzes sagen, daß Ihre Eigenwerbung und Ihr ungefragtes 'Mitleiden' distanz- und respektlos sind. Bitte kümmern Sie sich um eigenes Leid, statt mit theologischer Anmaßung Trittbrett zu fahren.
Ich habe geantwortet:
evangelisch.de Hallo Christian Ziegler, vielen Dank, dass Sie ihren Eindruck geteilt haben. Schade, dass unser Gebet Ihnen nicht helfen kann. Denn es ist nicht "ungefragtes Mitleiden", sondern ein Weg, mit den eigenen Emotionen bei der Nachricht einer solchen Katastrophe umzugehen, die ja tatsächlich ungefragt kommen. Beten - also eine Bitte an Gott richten - hilft Christen dabei, uns in der Redaktion und anderen auch. Das ist keine theologische Anmaßung, sondern gelebter Glaube. Wenn jemand anders das Gebet geteilt hat, scheint er ja auch daran zu glauben, dass es helfen kann.
Mit besten Grüßen,
Hanno Terbuyken (Portalleiter evangelisch.de)
Aber das war gar nicht das Kernthema, um das es Christian Ziegler ging. Er machte noch einmal deutlich, dass ihn vor allem zweierlei störte: Dass wir seiner Meinung nach das Gebet vor allem deswegen gepostet haben, um damit Traffic zu erzeugen, und dass ein unverlangtes Gebet "eine Anmaßung und ein Übergriff" sei, mit dem wir uns über andere erheben würden.
Christian Ziegler [...] Sie verwenden einen aktuell gefragten hashtag, um traffic zu generieren, und Sie werben mit Ihrem 'Gebet' durch Verwendung des Logos (no pun intended) für Ihre Seite. Sie überschreiben das Ganze mit "Unser Gebet zu # 4U9525", so als müßte es unbedingt auch einen öffentlichkeitswirksamen kirchlichen Beitrag zu einem Thema geben, zu dem im Moment alle irgendetwas zu sagen haben. Was Sie für sich reklamieren - eine individuelle, demütige Bitte an Gott, Ihnen bei schwierigen Gefühlen, die dieses Unglück bei Ihnen ausgelöst hätte, beizustehen -, kann ich darin nicht erkennen. [...]
Mit unserem Gebet haben wir zwei Ziele verfolgt: Gott gemeinsam um Beistand zu beten und uns damit auch in dieser vorösterlichen Zeit daran zu erinnern, dass Jesus den Tod schon einmal überwunden hat, und außerdem den Gefühlen vieler Menschen, die ebenso wie wir nach dem Unglück traurig und betroffen waren, Worte zu verleihen. Beten ist nicht einfach. Viele Gläubige haben Schwierigkeiten damit, ihre Bitten in Worte zu fassen. Selbst wenn es keiner besonderen Worte bedarf, damit Gott Gebete hört, können wir mit einem solchen öffentlichen Gebet einen Vorschlag machen, was für Worte das sein können. Und zwar evangelische Worte, die sich zum Beispiel von den katholischen Gebetsangeboten unterscheiden, die zu solchen Gelegenheiten auch gepostet werden. Dieses öffentliche Gebet kann sich jeder zu eigen machen, der mitbeten möchte, und in dem Akt des Teilens und Weitergebens steckt genau das. Wer das Gebet teilt, vielleicht weil er selbst keine Worte findet, richtet diese Bitte an Gott.
Ich finde es immer schwierig, mit einer solchen Katastrophe wie dem Flugzeugabsturz umzugehen. Mir helfen solche Worte, die unser Pastor Frank Muchlinsky mit uns formuliert.
Und ja, es muss einen öffentlichkeitswirksamen kirchlichen Beitrag zu so einem Thema geben, zu dem "alle was zu sagen haben". Wann, wenn nicht genau dann, wird die Hilfestellung des Glaubens, die Hoffnung und der Trost, gebraucht? Wenn wir als Christen dazu schweigen, was sagt das über unseren Glauben, dessen zentrales Wunder die Überwindung des Todes durch den gekreuzigten Jesus ist? Bei vielen Spekulationen über den Absturz war Schweigen die richtige Antwort. Aber die Frage, ob wir versuchen sollten, den Betroffenen und den aus der Ferne zuschauenden Menschen eine Hilfestellung zu geben, beantworte ich mit einem eindeutigen "Ja". Ich freue mich darüber, wenn das dann mehr als 28.000 Menschen erreicht (laut Facebook-Statistik). Und ich habe auch kein Problem damit, auf einen solchen Beitrag gut sichtbar draufzuschreiben, wo er herkommt: nämlich aus einer dezidiert evangelischen Perspektive.
Zu Facebook übrigens hat uns von Ines Wendtland eine andere Frage erreicht (die sie allerdings nicht als Frage formuliert hat): Wie werden die Kommentare auf Facebook sortiert?
Ines Wendtland Dass Sie mein Post hinten dran gehängt haben, kommuniziert eindeutig: Du bist gut, so wie du bist! -Solang Du unsrer Meinung bist.
Darauf hat eine andere Nutzerin schon die richtige Antwort gegeben: Wir haben gar keinen Einfluss darauf, wie Kommentare auf Facebook sortiert werden, egal, ob wir mit der darin vertretenen Meinung übereinstimmen oder nicht:
Elisabeth Buck Bei allen öffentlichen Facebookseiten, die keine privaten Seiten sind, kommen die Kommentare automatisch in beliebige Reihenfolgen. Das macht der Facebook-Automatismus und da hat kein normal Sterblicher Einfluss drauf.
Genau so ist es: Das macht einzig und allein Facebook - die Redaktion als Administratoren der Facebook-Seite kann auf die Sortierung von Facebook-Kommentaren keinen Einfluss nehmen.
Wenn Sie noch weitere, andere oder neue Fragen und Wünsche zu evangelisch.de haben, sind die Redaktion und ich auf vielen verschiedenen Kanälen erreichbar:
- evangelisch.de auf Twitter unter @evangelisch_de
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- E-Mail für alle inhaltlichen Fragen und Anregungen
- E-Mails für alle technischen Probleme, die Ihnen auffallen
Alle Fragen zu Kirche und Glauben beantwortet Ihnen unser Pastor Frank Muchlinsky auf fragen.evangelisch.de.
Ich werde immer am Freitagabend an dieser Stelle ihre Fragen beantworten, so gut ich kann, und wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Start ins Wochenende!