Gedruckte Zeitungen? Auslaufmodell bis 2033
Heute gibt es Reaktionen auf das EU-Urheberrechtsgesetz, einen Ausflug in die Welt der gedruckten Dinosaurier, den Relaunch einer App und Digitales auf dem Kirchentag.

Weil ich an diesem Wochenende über die Wasserkuppe wandern will und in den gerade vergangenen Tagen meinen E-Mail-Posteingang von über 200 auf 20 Mails reduziert habe (immer mit dem Ziel Inbox Zero), gibt es heute kommentierte Links - aber die haben es in sich.

Zunächst der Blick auf drei Reaktionen auf das beschlossene EU-Urheberrecht. #Artikel13 und so, ihr erinnert euch. Das hat das EU-Parlament nun doch beschlossen, die Zehntausenden Demonstranten außer Acht gelassen. Drei Reaktionen fand ich dazu ausgesprochen lesenswert: Sascha Lobo, "Pyrrhussieg heißt jetzt Voss-Sieg" auf Spiegel Online: "Die Urheberrechtsreform ist der Versuch, die Regeln des analogen 20. Jahrhunderts dem digitalen 21. Jahrhundert überzustülpen, das muss zwingend scheitern." Ähnlich argumentiert Markus Beckedahl auf netzpolitik.org: "Die Reform des EU-Urheberrechts bietet falsche Antworten für eine veränderte digitale Welt." Man habe mit "mit der Schrotflinte auf Youtube geschossen" und das halbe Netz mitgetroffen, schreibt Beckedahl. Ein weiteres Netz spannt Thomas Knüwer, der sich auf Indiskretion Ehrensache fragt, welche Wirkung eigentlich die Proteste hatten und am Beispiel Alexandra Ocasio-Cortez feststellt: Politiker sind bürgerverdrossen statt umgekehrt. "Es geht nicht mehr um konstruktive Politik – es geht um das Ruhigstellen von Menschen, die nur beim Regieren stören", schreibt Knüwer und gibt in seinem Blogeintrag auch mögliche Gründe dafür an.

Der nächste Blick geht in die Welt des digitalisierten Journalismus. Damit tun sich viele Verlagshäuser in Deutschland nach wie vor schwer, siehe auch die vorhergehende Lobby-Arbeit in Sachen Verwertungsrechte, Uploadfilter und Leistungsschutzrecht. Das Medienportal Meedia hatte dazu passenderweise zwei interessante Gastbeiträge im Angebot. Klaus Meier, Journalistik-Professor in Eichstätt, hat seine Trendberechnung der Auflagen von gedruckten Tageszeitungen mit der Realität verglichen und kam zum Ergebnis: Die letzten gedruckten Tageszeitungen in Deutschland werden 2033 erscheinen. Viel Zeit haben die Verlage also nicht mehr, sich eine tragfähige Alternative zur gedruckten Tageszeitung zu suchen. Da liegt die Digitalisierung nahe, aber wie sehr das schiefgehen kann, meint Franz Sommerfeld am Relaunch der FAZ-App ausmachen zu können. Wichtigster und richtigster Kernsatz: " Langsam müsste es sich in den Verlagen und Chefredaktionen herum gesprochen haben, dass die Entwicklung oder der Relaunch einer App wenig oder gar nichts verändert, wenn sie nicht die redaktionellen Abläufe grundlegend neu ausrichten." Das gilt übrigens auch in konfessionellen Medienhäusern, wenn dort die gedruckte Kirchenzeitung (auch wenn sie nicht täglich erscheint) immer noch die tragende Rolle spielt.

Und zu guter Letzt noch der Hinweis auf das Kirchentagsprogramm. Ich habe alle Programmpunkte rausgesucht, die mit Digitalisierung zu tun haben, aber sie lassen sich nicht sinnvoll exportieren. Macht aber nichts, weil die Programmsuche des Kirchentags das Ergebnis auch ausgibt. Wenn man "digital" in das Suchfeld der Programmsuche auf der Kirchentagsseite eingibt, bekommt man alle 78 relevanten Veranstaltungen, die in Dortmund irgendwas mit Digitalisierung und Internet zu tun haben. Besonders hinweisen will ich euch natürlich auf die beiden Veranstaltungen, bei denen ich dabei sein darf: Das Podium "Macht - Ohmacht - Machen" unter anderem mit Lars Klingbeil, Generalsekretär der SPD, am Freitag von 15 bis 17.30 Uhr; und das Netzgemeindefest am Freitag von 19 bis 22 Uhr, bei dem ich mit Kirchenpräsident Volker Jung den Auftakt machen darf, aber ihr alle eingeladen seid zum Mitreden und Austauschen.

Vielen Dank für's Lesen und Mitdenken!


Im Blog Confessio Digitalis schreibe ich meine Beobachtungen, Links und Interviews zu den Themen Digitalisierung, Digitale Kirche und digitalisierte Welt auf. Ich bin erreichbar auf Twitter als @dailybug.

P.S.: Leser*innen haben mich darauf hingewiesen, dass "Digitalis" auch der Name der Fingerhut-Pflanzen ist, die zu Gift verarbeitet werden können. Das lässt den Blogtitel "Confessio Digitalis" natürlich ein bisschen fies klingen. Andererseits behandelt man mit Digitalis-Präparaten auch Herzprobleme. Und dass das digitale Herz der Kirche besser schlägt, ist mir ein Anliegen. Deswegen lasse ich den Namen des Blogs so - nehmt es als Präparat!