Ein Teilerfolg für das Internet
Das EU-Parlament hat sich dafür entschieden, nochmal gründlich über ein neues Urheberrecht zu debattieren. Das ist Grund zur Freude!

Am 5. Juli hat das EU-Parlament einige Beobachter überrascht: Die Parlamentarier haben mehrheitlich (318 zu 278 Stimmen, 31 Enthaltungen) entschieden, dass die geplante EU-Urheberrechtsreform nochmal in die Debatte muss. Warum das gut ist, habe ich vergangene Woche schon aufgeschrieben, aktuelle Analysen zum Ergebnis gibt es unter anderem bei Spiegel und Netzpolitik. Mehr als 890.000 Menschen haben übrigens die change.org-Petition dazu unterschrieben. Damit gehört der Aufruf zu den erfolgreicheren auf der Plattform.

Das zeigt zwei Dinge: Erstens sind Freiheitsrechte ein Thema, mit dem man Menschen bewegen kann - jedenfalls dann, wenn sie selbst betroffen sind. Zweitens werden die Diskussionen, wie wir die digitale Gesellschaft gestalten wollen, zunehmend von Menschen mitgestaltet, für die diese Welt selbstverständlich statt fremd ist.

Wenn man nicht selbst betroffen ist und sich dann auch noch gegen alles Fremde stellt, was man vielleicht sogar nicht versteht, landet man übrigens bei Horst Seehofer. Das aber nur am Rande.

In der #DigitalenKirche ist es gerade ganz spannend, die Blogeinträge von Ralf Peter Reimann auf Theonet zu lesen. Der beschäftigt sich nämlich gerade mit dem Relaunch von EKiR.de und bloggt über die Überlegungen dazu. Der Internetauftritt einer Landeskirche ist mehr als nur eine Webseite zur Kommunikation von Inhalten. Wer darüber nachdenkt, kommt schnell dahin, die Rolle der Landeskirche in einer digital geprägten Gemeinschaft grundsätzlicher zu denken. Ich habe es selbst schon mehrfach gesagt: Eine digitale Kirche muss eine Kirche sein. Ralf Peter formuliert das so:

"Eine Landeskirche ist keine Bezugsgröße für die meisten Menschen, dies gilt besonders für eine Landeskirche wie die rheinische, die sich über vier Bundesländer erstreckt, aber keines ganz umfasst. Erfahrbar ist evangelische Kirche entweder vor Ort oder eben ohne einen konkreten Ortsbezug."

Das muss sich also in der Online-Präsenz der Landeskirche ebenso wiederspiegeln wie in ihren Dienstleistungen für ihre Gemeinden und Kirchenkreise. Für die EKD, die ja als Kirche keine Gemeinden hat, gilt das in besonderem Maße: Wie kann sie einer Ebene zuarbeiten (Landeskirche), die als kirchliche Bezugsgröße selbst schwammig ist - außerhalb von Haushaltsentscheidungen, wo sie dann wieder ganz konkret wird?

Dafür sehe ich mindestens drei Ansatzpunkte. Die EKD ist gefragt

  • überall dort, wo große Maßstäbe Entwicklungen erst ermöglichen
  • um Digitalprojekte so zu koordinieren, dass möglichst keine Parallelprodukte laufen und Projekte gemeinsam besser gelingen
  • um einzelne Landeskirchen zu unterstützen, wenn sie keine eigenen Ressourcen für notwendige Entwicklungen haben.

Wie sich das in dem Beschluss der EKD-Synode zur "Kirche im digitalen Wandel" im Herbst wiederfindet, werden wir sehen. Die Gespräche dazu sind in vollem Gange, deswegen schreibt eure Gedanken dazu ebenfalls auf und taggt sie mit #digitalekirche, damit das öffentlich weiter diskutiert wird.

Vielen Dank für’s Lesen & Mitdenken!


Im Blog Confessio Digitalis schreibe ich meine Beobachtungen, Links und Interviews zu den Themen Digitalisierung, Digitale Kirche und digitalisierte Welt auf. Ich bin erreichbar auf Twitter als @dailybug.

P.S.: Ich habe zwei Rückmeldungen bekommen, die mich darauf hingewiesen haben, dass "Digitalis" auch der Name der Fingerhut-Pflanzen ist, die zu Gift verarbeitet werden können. Das lässt den Blogtitel "Confessio Digitalis" natürlich ein bisschen fies klingen. Andererseits behandelt man mit Digitalis-Präparaten auch Herzprobleme. Und dass das digitale Herz der Kirche besser schlägt, ist mir natürlich ein Anliegen. Deswegen lasse ich den Namen des Blogs erstmal so - nehmt es als Präparat.