Donald Trump, seines Zeichens Präsident, Spray-Tan-Fan und Namensgeber eines hohen New Yorker Turms, gab gestern eine Pressekonferenz. Sie dauerte 75 Minuten und steht bei Youtube online oder kann bei der New York Times als Transkript nachvollzogen werden.
Leider hatte ich aufgrund der Länge noch nicht die Gelegenheit, das Gesamtwerk zu begutachten. Aber schon der Anfang ist vielversprechend - wenn man kurz ignoriert, dass es sich hier um den Präsidenten mit dem roten Knopf handelt und nicht um ein aus dem Ruder gelaufenes Comedy-Projekt.
„I’m here to update the American people on the incredible progress that has been made in the last four week since my inauguration. We have made incredible progress. I don’t think there has ever been a president elected who in this short period of time has done, what we have done.
A new Rasmussen poll, in fact — because the people get it — much of the media doesn’t get it. They actually get it, but they don’t write it. Let’s put it that way. But a new Rasmussen poll just came out just a very short while ago, and it has our approval rating at 55 percent and going up. The stock market has hit record numbers, as you know. And there has been a tremendous surge of optimism in the business world, which is — to me means something much different than it used to. It used to mean, ,Oh, that’s good.’ Now it means, ,That’s good for jobs.’ Very different.“
Er ist halt der beste President von allen, die noch kommen werden, und dass er tatsächlich so spricht wie seine eigene Karikatur bzw. ein Grundschüler, irritiert doch immer wieder.
Nur dass Mr. Trump eine Pressekonferenz gibt, macht ihn natürlich nicht zum Medienmedienthema. Aber, wie oben schon angedeutet, hatte er mal wieder einige Ansagen an die Fake News. Bad people. Don’t like them. Medien mitgebracht.
„Erneut griff Trump die Presse scharf an. ,Dieser ständige Hass, dieses ständige, ausschließliche Anti-Trump’, sagte der Präsident. Er könne sehr wohl einen Unterschied machen zwischen kritischen, wenngleich journalistisch guten Geschichten und solchen, die aufgeblasen und falsch seien, sagte Trump. Die Medien seien sehr unehrlich, sie arbeiteten nicht im Interesse des amerikanischen Volkes“,
heißt es im nachrichtlichen tagesschau.de-Deutsch. Der britische Guardian dazu hat ein paar plastische Beispiele, u.a.:
„One of the themes Trump returned to again and again was what he called dishonesty in the media. Taking one example, he said the director of national intelligence had directly contradicted a Wall Street Journal article that reported security sources as saying some information was being kept from Trump to avoid it being leaked. Trump claimed no one had asked him for comment before publication. His office was quoted on the paper’s front page.
He also confirmed the veracity of other stories, which he simultaneously denounced.“
Am Ende kam sogar mit Shepart Smith ein Moderator von Fox News zu dem Schluss:
„This president keeps telling untrue things“.
Zu seinem achtminütigen Isocantbelievethisisreallyhappening bitte hier entlang. Weitere Berichte und und Analysen kommen minütlich rein; einen ersten Überblick über Reaktionen bei Twitter hat, natürlich, Meedia.
Und nun? Wissen wir, dass ein die Medien verachtender US-President die Medien verachtet, und dass das Ganze die Züge eines Autounfalls annimmt, bei dem man weiß, dass Wagen und Baum gleich aufeinander treffen werden. Nicht klar ist nur, ob man eigentlich selbst auf der Rückbank oder als Zuschauer am Straßenrand sitzt. Wo man ja auch noch vom umfallenden Baum, der auf einen Elektrozaun fällt, der einen angriffslustigen Bullen von der Weide lässt, erwischt werden kann (Globalisierungsmetaphern galore).
Womit schon wieder passiert ist, worüber sich die nigerianische Menschenrechtsaktivistin Chitra Nagarajan gestern im Guardian beschwerte:
„When I enter a room where CNN is on, I ask for the channel to be changed or the television to be switched off. I admit it’s an odd kind of political act, but in Nigeria, where I live, CNN reports only one story: Donald Trump. And it is a story that needs to stop crowding out the rest of the world.“
Wolle mer se wieder reinlassen, die anderen Themen? Bitteschön:
[+++] Aus Zeiten, als führende US-amerikanische und deutsche Politiker sich noch uneingeschränkt als Freunde bezeichneten, stammt die Erkenntnis, dass diese sich munter gegenseitig abhören. Im u.a. diesen Umstand durchleuchtenden Untersuchungsausschuss sagte nun gestern als letztes Angela Merkel aus, was die schöne Überschrift „Die letzte Zeugin“ ermöglichte, von der an diversen Orten mit Freude Gebrauch gemacht wurde.
Die ausführlichste Zusammenfassung aka das Protokoll der Sitzung hat natürlich mal wieder Andre Meister für Netzpolitik.org angefertigt. Eine der zentralen Erkenntnisse der Aktion paraphrasiert Kai Biermann bei Zeit Online:
„Bundeskanzlerin Angela Merkel hält an ihrem Satz ,Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht’ aus dem Jahr 2013 fest. (…) Merkel erklärte, sie habe damals ,keinerlei Anlass’ gehabt anzunehmen, ,dass der Satz bei uns seitens des BND nicht eingehalten wurde’. Über die Rolle des BND in der Affäre sei sie erstmals im März 2015 von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) informiert worden. Beim Bundesnachrichtendienst seien ,Defizite erkannt’ worden, an der ,Abstellung’ dieser Defizite sei gearbeitet worden. Grundsätzlich sei ihre Aufgabe aber nicht das Abtauchen ,in Tiefen und Untiefen’ der technischen Details von Spähprogrammen, sondern sie müsse den ,politischen Auftrag’ im Blick haben.“
Ja, blöd gelaufen, sorry - so kann man das wohl zusammenfassen. Was für eine große Herzensangelegenheit die Aufklärung des massenhaften Ausspähens und Abhörens für Merkel darstellt, belegt auch ein Detail, das Eckart Lohse heute in der FAZ (S. 2) dokumentiert:
„Merkel wollte offenkundig ihre Kräfte dort schonen, wo es ohne inhaltlichen Verlust vertretbar erschien. Kurz nach 13 Uhr begann sie damit, manche Frage der Abgeordneten nicht mehr mit ,Nein' zu beantworten, sondern nur noch mit ,Nö’. Immerhin: ein Buchstabe gespart. (…) Als ihre Parteifreundin Nina Warken zu erfahren suchte, ob Merkel jenseits der bisherigen Bemühungen, den einstigen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden zu befragen, weitere Angebote für sinnvoll halte, musste die Fragestellerin sich mit einem ,Nö’ begnügen.“
Damit zum Fazit und zum Kommentar Heribert Prantls auf S. 4 der SZ:
„Sie habe von nichts etwas gewusst – nichts von der großen Abhörerei, nichts von der Verwicklung des Bundesnachrichtendienstes darin, nichts von Selektorenlisten, mit denen der BND den USA zu Diensten stand. Was Merkel nicht sagte: Ihre Regierung hat auch nichts getan, um diese grundrechtsbrechenden Aktionen aufzuklären. (…) Die wesentliche Erkenntnis, die man in den vier vergangenen Jahren gewonnen hat, ist die: Così fan tutte – so machen es alle. (…) Das neue BND-Gesetz hat die ehedem illegalen Praktiken legalisiert. Aber die Grundrechte haben ein paar Streicheleinheiten bekommen. Das neue Gesetz hat einen Geheimdienstbeauftragten installiert, der dafür sorgen soll, dass sie nur mit Maß und Ziel verletzt werden. Das Grundgesetz? Es steht bei alledem ziemlich im Abseits.“
[+++] Und damit zurück in die Mediennische und dort in eine Ecke, wo seit Jahren niemand mehr hingeschaut hat, und zu dem auch mein Fachwissen zugegebenermaßen begrenzt ist. Aber wenn sechs große, deutsche Verlage (genauer: Bauer, Burda, Funke, Klambt, Spiegel und Springer) gemeinsam mitteilen, dass sie sich „im Interesse der ganzen Verlagsbranche“ zum Ziel gesetzt hätten,
„die weltweit einzigartige Pressevielfalt und die damit verbundene Presse- und Meinungsfreiheit über den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland abzusichern“
und
„gemeinsam mit den Unternehmen des Pressegroßhandels beziehungsweise dem Verband Presse-Grosso in den kommenden Monaten das System effizienter und in Bezug auf Kostenverursachung und Wertschöpfung gerechter zu gestalten“ (Quelle: Pressemitteilung),
dann wird man doch so misstrauisch, dass man es nicht ignorieren kann. Schließlich ist dieser Sound im redaktionellen Bereich immer dann im Einsatz, wenn mal wieder viele Leute ihren Job verlieren und Zeitungstitel zwar erhalten, aber einer eigenständig funktionierenden Redaktion beraubt werden (siehe, nur beispielhaft, dieses Altpapier vor zwei Wochen).
Diesmal geht es jedoch ums Presse-Grosso, das die Verlage gemeinsam „weiterentwickeln“ (ihre Worte) wollen, was sie seit ein paar Jahren auch tatsächlich in Absprache miteinander dürfen. Dass sie es wirklich tun, ist aber erstaunlich, da sie eigentlich unterschiedliche Interessen vertreten, wie Wolfgang Rakel im Pressevertriebs-Magazin DNV beschreibt:
„Das Bündnis zwischen den Verlagen stellt insofern eine Überraschung dar, als ihre Interessenlagen sich teils deutlich voneinander unterscheiden. Während die Axel Springer SE, Berlin, für den Vertrieb der Tageszeitung Bild ein großes Netz von Verkaufsstellen benötigt und vehement einfordert, hat Burda-Vorstand Philipp Welte im vergangenen Frühsommer beklagt, dass alle Verlage gemeinsam die Belieferung von fast 110.000 Presseverkaufsstellen finanzierten, welche in ihrer Gesamtheit nur einem einzigen Titel – nämlich Bild – nützten.“
Was die Angelegenheit noch fragwürdiger macht.
Nachdem er dem Springer-Manager Christian Nienhaus mehr als genug Platz gelassen hat, seine Sicht der Dinge darzulegen, erwähnt Bülend Ürük ganz am Ende seines Textes für kress.de zum Thema:
„Die Verlage sehen Einsparpotential von bis zu 80, 90 Millionen Euro im Jahr, die man beim Grosso allerdings nicht sieht.“
Nun ist es verständlich, dass ein Rückgang bei Print-Auflagen nicht ohne Folgen für die Verteiler gedruckter Erzeugnisse bleiben kann. Doch wenn sich dieser Sache Verlage gemeinsam annehmen, die nicht mal das gleiche Ziel vor Augen haben, bleibt der Verdacht, dass es nicht etwa Christian Nienhaus sein wird, der sich am Ende von seinem Privatjet (oder der Yacht oder der schönen Villa oder dem Gestüt - ach nee, das war Stefan Aust) wird trennen müssen.
Die aktuellen Grosso-Deals laufen in einem Jahr aus. Die Verhandlungen sollte man im Auge behalten.
+++ Die neuesten Fake-News sind da und wurden vermeintlich von Russland aus über in Litauen stationierte Bundeswehr-Soldaten in Umlauf gebracht, berichtet Spiegel Online. +++
+++ „Am Anfang war die Wut. Ende 2011 bombardierten türkische Kampfjets Zivilisten im Grenzgebiet der Türkei zum Irak und töteten mehr als dreißig Menschen. Die Armee hatte die Opfer für kurdische Terroristen gehalten, doch stellte sich heraus, dass es Bauern waren, die durch den Schmuggel von Tabak und Benzin aus dem Irak ihre Einkünfte aufbessern wollten. Aus den meisten türkischen Massenmedien erfuhr man darüber aber bestenfalls verzerrte Halbwahrheiten. (…) Diese Wut war die Geburtsstunde von ,140journos’, einem von mehreren Projekten, die zeigen: Es gibt auch im Jahre fünfzehn nach dem ersten Wahlsieg von Recep Tayyip Erdogan unabhängige Medien in der Türkei, immer noch und trotz allem.“ Michael Martens berichtet über drei von ihnen auf der Medienseite der FAZ. +++
+++ Über die immer wieder katastrophale Art und Weise, in der Medien über Selbstmorde berichten, schreibt Boris Rosenkranz aus aktuellem Anlass bei Übermedien. +++
+++ Irgendwie ist es für Frauen doch eine beruhigende Entwicklung, wenn auch die Kompetenz von Männern nach ihrem Aussehen beurteilt wird. Martin Schulz hat demnach bei den Wahlen schlechte Karten (der Bart!), meinten zumindest bis vor kurzem deutsche Politikjournalisten, was endlich erklärt, was diese Einschätzung in einer Medienkolumne zu suchen hat. Ulrike Simon widmet sich dem Thema (und dem darob unerklärlichen Schulz-Erfolg) in ihrer RND-Medienkolumne. +++
+++ „(W)ie man aus einer eher technischen Umstellung bei Twitter im Sommer 2015 einen aufregenden Zeitungsartikel im Frühjahr 2017 macht“, beschreibt Stefan Niggemeier bei Übermedien. Das Ergebnis kennen Sie schon aus dem Korb am Mittwoch, in dem auf einen FAZ-Artikel über „Änderung, die Twitter kürzlich vorgenommen hat“ verwiesen wurde, die Twitter-Bots ihre Bedeutung nehmen sollen. +++
+++ Den traurigen Niedergang der Berliner Zeitung nimmt bei Springers Welt Christian Meier zum Anlass, den Leser einmal grundlegend über die Krise der Medien aufzuklären. +++
+++ Am Rande der Berlinale wurde das Doku-Drama „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ vorgestellt, das die Geschichte von vier im Dritten Reich in Berlin untergetauchten Juden erzählt. „Dass der Film nun tatsächlich entsteht, ist ebenfalls ein kleines Wunder. Vor acht Jahren wollten Räfle und López diese Geschichte bereits als Dokumentarfilm umsetzen, ernteten jedoch nur Absagen – auch von der ARD. Über den Holocaust habe es schon zu viele Dokumentationen gegeben, zudem leide die Idee darunter, dass es von den Unsichtbaren weder Fotos noch Filmaufnahmen gibt, hieß es“, schreibt Kurt Sagatz im Tagesspiegel. Im Ersten soll der Film 2018 laufen. +++
+++ „Wichtigste Ware neben Rugby, Handball, Boxen, Pferderennen, Volleyball, Poolbillard und Judo ist natürlich der Fußball, aber selbst die größten Enthusiasten würden in der Winterpause der Bundesliga wohl eher auf ihren geliebten Sport verzichten, als sich die Partien der ersten indischen oder australischen Liga anzuschauen“, meint Tilmann Gangloff im aktuellen epd medien (derzeit nicht online) über den Sport-Streaming-Dienst DAZN. Außerdem widmet sich Frank Olbert in der Ausgabe 60 Jahren WDR-Hörspielgeschichte. +++
+++ Wer sich für einen Artikel interessiert, in dem eine Soziologie-Doktorandin erst beklagt, noch nie vom konstruktiven Journalismus gehört zu haben, „obwohl ich jeden Tag mehrere Newsletter von Onlinenachrichtenmedien lese und von Medien, die über die Medienbranche schreiben“, und dann ausführlich Wikipedia und Meedia zitiert, der klickt zu Carta. +++
+++ „In Venezuela ist CNN nach einem Bericht über illegal verkaufte Pässe auf Anordnung der Regierung nicht länger auf Sendung. Grund für die Abschaltung seien Beiträge der spanischen Version des TV-Senders, die als ,direkte Aggressionen’ gegen das Land zu werten seien und dessen ,Frieden und demokratische Stabilität bedrohen’, erklärte die nationale Kommission für Telekommunikation am Mittwoch.“ (AP/taz) +++
+++ Die heutige Netflix-Serie auf der SZ-Medienseite: „Chef’s Table“. Außerdem beschäftig sich Johann Osel mit der Studenten-Zeitschrift Audimax. „Und trotz vieler Anzeigen finden sich in Audimax Texte, die den journalistischen Anspruch belegen. Es gibt Expertenbeiträge, Studium- und Lebensberatung – gut gemacht“, meint er. +++
+++ „Im dritten Jahr ihres Bestehens haben die Drama Series Days als Teil des Markts der Berlinale eine gehörige Aufwertung erfahren (…). Stargast Agnieszka Holland setzte den Ton, als sie beklagte, die europäischen TV-Sender hätten beim Thema innovative Serien zu lange geschlafen, aber dann vorsichtigen Optimismus äußerte, dass sich das nun zu ändern scheine.“ Für DWDL war Torsten Zarges vor Ort. +++
+++ Was er in 13 bis 15 Jahren Bloggerdasein (die Zeitangabe ist da nicht ganz kohärent; bei Letzterer könnte es sich aber um eine Rundung handeln) gelernt hat, hält Christian Jakubetz in seinem Blog fest. +++
+++ „Hier haben Sie also Vogel-, Bison- und Biber-Aufnahmen nachvertont. Wozu braucht man da Zucker und Kartoffelmehl?“ Das dieser schönen Einstiegsfrage folgende Interview mit den Tierfilmern Hans Schweiger und Ernst Arendt aus Der Zeit von Anfang Februar wurde nun online gestellt. +++
Neues Altpapier erscheint am Montag.