Der fatale Glaube an die Neutralität von Fakten
Was können wir lernen aus der irrwitzigen Merkel-gegen-Seehofer-Personalisierung, die die Berichterstattung über Flüchtlinge geprägt hat? Außerdem: „Report Mainz“ wird 50 Jahre alt. Streamingdienste sichern sich neue Zugpferde. Christoph Blocher macht mit der Aussage, er habe neulich nicht „Konzentrationslager und solchen Mist“ gemeint, alles noch schlimmer.

Jan Böhmermann, der große Tausendsassa unseres kleinen deutschen Unterhaltungs-Universums, eignet sich bekanntlich dazu, in sehr viele Kontexte gepackt zu werden, aber dass man ihn aus aktuellen Anlässen nun auch noch mit Beyoncé in einem Atemzug nennen kann, kommt doch etwas überraschend.

Während die US-Künstlerin sich - siehe zum Beispiel Tagesspiegel - gerade damit ins Gespräch bringt, dass sie ihr neues Album „Lemonade“, zumindest vorerst, nur Abonnenten des Streamingdienstes Tidal zugänglich macht, der zu einem großen Teil ihrem Gatten Jay-Z gehört und zu einem kleinen Teil anderen Musikern (darunter Beyoncé selbst), fällt auch Böhmermann im Rahmen einer Was-mit-Streaming-Nachricht auf. Sie betrifft die ARD-Hörfunk-Sendung „Sanft & Sorgfältig“, die er mit Olli Schulz betreibt. Ulrike Simon meldet:

„Nach Horizont-Informationen wird von Mitte Mai an ‚Sanft & Sorgfältig‘ exklusiv Nutzern des Streamingdiensts Spotify zur Verfügung stehen“,

also jenem Anbieter, der - derzeit - zehnmal so viel Abonnenten hat wie Tidal, wie wir dem bereits zitierten Beyoncé-Text aus dem Tagesspiegel entnehmen. dwdl.de befasst sich ebenfalls mit der Angelegenheit. 

Wer ab Mitte Mai „Sanft & Sorgfältig“ hören will, muss also die Spotify-App herunterladen. Mich würde ja interessieren, ob man die Sendung auch hören kann, wenn man, wie ich, die kostenfreie Spotify-Version (mit Werbung) nutzt, aber das nur am Rande.

Zur bisherigen Geschichte der vom RBB verantworteten Sendung schreibt Simon:

„Sie wird sonntags auch von N-Joy (NDR), You FM (Hessischer Rundfunk), Puls (Bayerischer Rundfunk) und Bremen Vier (Radio Bremen) ausgestrahlt – eine Kooperation, wie sie im ARD-Hörfunk selten ist. Sie hat Böhmermann und Schulz ein deutlich höheres Honorar eingebracht hat als das im öffentlich-rechtlichen Rundfunk üblich ist – aber natürlich keines in der Höhe, das Spotify den Moderatoren nun anbot.“

Was Beyoncé Böhmermann voraus hat, jedenfalls aus einem businessstrategischen Blickwinkel betrachtet: Sie versucht, ein Produkt nicht nur dadurch interessant zu machen, dass sie es erst einmal verknappt, sie macht auch die Werbung dafür erst einmal nur einem eingeschränkten Kreis zugänglich - und erhöht in diesem Sinne erst einmal die Aufmerksamkeit für beides. Um konkreter zu werden: Am Samstag lief beim Pay-TV-Sender HBO der 58-minütige Videofilm zum Album „Lemonade“, der dann natürlich auch weit mehr als Werbung war, nämlich - wenig überraschenderweise, siehe auch die Reaktionen auf „Formation“ beim Super Bowl neulich - Stoff bot für ausladende Exegesen. Jan Kedves schreibt im SZ-Feuilleton:

„Der Film (...) ist im Netz in drei- bis vierminütigen Auszügen zu finden, hier oder da, legal, illegal oder geduldet. Und ja, es ist wirklich ein großer Spaß anzuschauen, wie anspielungsreich und kitschig, aber auch wie knallhart Beyoncé etwa ‚Hold Up‘ illustriert, eine lockere Dub-Nummer mit Anspielungen auf den Enya-Hit ‚Orinoco Flow‘: Da treibt also zunächst eine Bibel durchs Schlafzimmer, welches Beyoncés und JayZs gemeinsames sein muss und das komplett unter Wasser steht (Beyoncés Tränen!). Dann öffnet sie die Haustür, riesige Wasserfälle, die ja also Tränenfälle sind, ergießen sich über das pompöse Portal, die Trauer wird weggespült. Und dann zieht Beyoncé in ihrem kanariengelben, opulent gerüschten Flamenco-Flatterkleid, das überraschend schnell wieder trocken ist, durch die Straßen und schlägt – sehr genüsslich in Zeitlupe – mit einem Baseball-Schläger die Scheiben alter Camaro-Sportwagen ein. Und das passiert alles in nur einem Song!“

Der amerikanische Rolling Stone meint: 

„Taken as a whole, the new film may be a state-of-the-art piece of advertising – seven directors worked on the project, including Knowles herself – but it's also a substantial artistic statement strong enough to be consumed without hearing the album it promotes“,

Und Slate:

As a gather ’round! moment of living-room excitement, the premiere of Beyoncé’s Lemonade on HBO on Saturday evening was reminiscent of the 1980s debuts of the extended Michael Jackson video mini-dramas for “Thriller” and “Bad.” And as pop-music visual culture, Lemonade is of their rank—a beautiful and often disturbing kaleidoscope of poetry, feminism, racial politics, history, mythology, emotional upheaval, family, and romance that can be watched again and again and will be for years to come. The question now is whether Lemonade the album, which appeared on Tidal the same night, is equally remarkable as strictly music. It’s a difficult call.“

Die Lektüre dieses Artikels von okayafrica.com ist auch noch sehr zu empfehlen. Wer kein HBO-Abonnent ist und keine Lust hat, nach den von der SZ erwähnten drei- bis vierminütigen Schnipseln zu suchen: Das Paste Magazine hält „55 unforgettable shots“ aus dem Film parat.

[+++] Vom US-amerikanischen Fernsehereignis des Wochenendes zum hiesigen Fernsehereignis des heutigen Tages: der Jubiläumssendung, die das Politikmagazin „Report Mainz“ anlässlich seines 50. Geburtstags produziert hat. 

Michael Hanfeld hat für die FAZ Birgitta Weber, der Redaktionsleiterin der Sendung, gefragt:

„Dass die Politikmagazine der ARD noch existieren, danach sah es vor ein paar Jahren nicht aus. Damals gab es eine Kontroverse: Wie viele Politikmagazine braucht die ARD, braucht sie sie überhaupt noch? Ist die Debatte vorbei?“

Angesichts Webers Antwort, dass „die Debatte momentan von niemandem geführt“ werde - „Im Gegenteil: Ich habe den Eindruck, dass die Wertschätzung für die investigative Recherche (...) wieder deutlich gestiegen ist" -, muss Hanfeld, der alte Hartfrager, natürlich nachlegen:

„Die ARD hat sechs politische Magazine, von denen fünf in den Sechzigern gestartet sind. Bräuchte es nicht einmal etwas ganz Neues?“

Webers Konter ist nicht übel:

„Na, da sind wir aber alle jünger als die FAZ. Auch wir haben uns immer wieder modernisiert, ändern unsere Ästhetik, Bildsprache und die Gestaltung der Beiträge. Heute Abend präsentiert sich ‚Report Mainz‘ in einem neuen Look, der an die Street Art angelehnt ist und das Kantige, Unbequeme betonen soll. Unsere Recherchen werden für andere Fernsehsendungen aufgearbeitet, sie werden zu Dokumentationen weiterentwickelt, fließen in Hörfunkbeiträge ein (...)“

Der letzte Satz bezieht sich unter anderem auf die gerade wegen „beispielhafter Aufbereitung des zusammengeführten Materials in verschiedenen Fernsehformaten“ mit einem Grimme-Preis prämierten Recherchen zum Thema illegaler Waffenexporte durch die Firma Heckler & Koch nach Mexiko („Tödliche Exporte“, siehe Altpapier), die dazu beitrugen, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen einst verantwortliche Mitarbeiter des Unternehmens erhob. Für den Münchener Merkur hat Katja Kraft mit Daniel Harrich, dem Hauptautor der Dokumentation „Tödliche Exporte“ über einen Weiterdreher gesprochen, der in der heutigen Jubiläumssendung von „Report Mainz“ läuft. Harrich hat für den Beitrag die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Stuttgart ausgewertet:

„Im genauen Wortlaut heißt es in der Anklage (...), dass die Angeschuldigten ‚jeweils gemeinschaftlich und durch andere, gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat‘ agiert hätten. ‚Letztlich heißt das nichts anderes als bandenmäßige illegale Kriegswaffenexporte“, betont Harrich (...) ‚Das (...) heißt letztendlich: organisierte Kriminalität!‘“

Die Verleihung des Grimme-Preises hatte Harrich neulich bereits genutzt, um auf einen Makel der Anklage hinzuweisen. Das greift auch der Münchener Merkur nun auf:

„Harrich findet neben der Frage, wer angeklagt ist, auch interessant, wer nicht angeklagt ist. So werde in keiner Weise irgendeiner der Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums, des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder des Verteidigungsministeriums genannt. Obwohl Harrich (...) dokumentieren konnte, wie sehr eingebunden einige Beamte in diese fragwürdigen, jetzt mutmaßlich bandenmäßig organisierten Kriegswaffenexporte in Krisenregionen waren.

[Nachtrag, 13 Uhr: Die taz geht unter dem Titel "Erst Grimme-Preis, jetzt Staatsanwalt" auf die recht absurde Volte ein, dass jene Staatsanwaltschaft, die mutmaßlich Kriminelle aus den Behörden nicht anklagen will, gegen Harrich und weitere Beteiligte ermittelt, weil sie bei ihren Enthüllungen auf "interne Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) und des Bundesausfuhramts (Bafa)" zurückgegriffen haben]

[+++] Der Debattenbeitrag der Stunde kommt von der Journalistik-Professorin Friederike Herrmann (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt). Übermedien hat einen von ihr zuerst in der Zeitschrift Communicatio Socialis erschienenen Beitrag veröffentlicht, in dem sie sich mit dem „narrativen Muster (der) Langzeiterzählung zur sogenannten Flüchtlingskrise“ befasst. Herrmann hat dafür unter anderem „den Politikteil dreier überregionaler deutscher Tageszeitungen im Herbst 2015 über drei Wochen hinweg ausgewertet (Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Berliner tageszeitung vom 26.10. bis 14.11.2015)“.

Abgesehen davon, dass Herrmann den Begriff „Narrativ“ (in verschiedenen Varianten) überstrapaziert (gelinde gesagt), ist das alles äußerst instruktiv. Sie schreibt:

„So kann (...) schon die bloße tagtägliche Aneinanderreihung zahlreicher Beiträge über Flüchtlinge in einer Nachrichtensendung das Deutungsmuster bedienen, Deutschland werde von einem Phänomen überflutet, das es nicht mehr bewältigen kann. Dies gilt unabhängig davon, ob die Autor_innen dieser Beiträge eher positiv oder eher negativ über Flüchtlinge berichten wollen. Und auch die öffentliche Allgegenwart des Themas über Wochen in allen Medien konstruiert ein ‚Zuviel‘ allein schon durch das Ausmaß der Berichterstattung. Hier wirkt sich auch die Tendenz der Medien zur Skandalisierung und Dramatisierung aus.“

Herrmann greift auch die zwischen kindlich und manisch anzusiedelnde Personalisierung des Themas auf:

„Implizit und oft auch explizit wird der Kanzlerin die Verantwortung für diese Krise zugeschrieben, sie habe die Grenze geöffnet und versäume es nun, Maßnahmen zur Begrenzung zu ergreifen (...) Die Hälfte bis drei Viertel der Beiträge zum Flüchtlingsthema in den untersuchten Zeitungen befassen sich in dieser Zeit mit der innenpolitischen Auseinandersetzung, die weniger an Parteien als an Personen gebunden scheint. Paradigmatisch stehen in dieser Personalisierung des Themas die ‚Wir-schaffen-das-Kanzlerin‘ und der ‚Ich-will-eine-Obergrenze-Seehofer‘ gegeneinander.“

Im Rahmen dieser Personalisierung, der sich ja nur wenige Journalisten entzogen haben, werde

„der Kanzlerin (...) eine geradezu autokratische Entscheidungsgewalt zugeschrieben – als könne Politik in einer demokratischen Gesellschaft von einer Einzelperson gemacht werden. Vor allem aber gehen in dieser Deutung die globalen Zusammenhänge des Themas verloren.“

Folgende Analyse gilt natürlich auch allgemein, also jenseits der Berichterstattung über Flüchtlinge:

„Noch immer verstellt der Glaube an die Neutralität von Fakten und Nachrichten den Blick darauf, wie sehr der Journalismus von der Institutionenperspektive geprägt ist und dem Verlautbarungsjournalismus verfällt, weil er die Geschichten der Politiker erzählt.“

Man könnte also Herrmanns Text zum Anlass nehmen, mal wieder eine Politikberichterstattung einzufordern, die nicht auf Politiker und Parteien fixiert ist. Hilfreich wäre es aber möglicherweise auch, wenn das umgekehrt gölte, wenn sich also Politiker weniger an Medien orientierten. 

The pressures of the 24-hour media, to which I don’t think any democratic government has adapted well, force one to be immediate and tactical. But government should always be strategic“,

sagt Alastair Campbell, der frühere Pressechef Tony Blairs, gegenüber Politico, das am Wochenende einen Beitrag unter der Überschrift „Faster media, fractured government“ veröffentlicht hat. Aufschlussreich ist hier auch das Zitat einer nicht namentlich benannten Quelle:

 „‚The modern media environment doesn’t allow for considered decision-making in the way it should,‘ says one Downing Street insider. ‚Let’s say something breaks at midday — the press want a decision: ‘Are you going to sack the guy or not?’ If you haven’t made a decision, it’s ‘PM dithers over giving minister the sack.’ A lot of our day is spent managing these stories, and deciding semi-instantly on the fate of a policy or someone’s career, which I think makes for quite corrosive government. And when there’s a crisis, it takes over the place.‘“


Altpapierkorb

+++ Im aktuellen epd-medien-Tagebuch lobt Michael Ridder die „extreme“, „selbst im Zeitalter des epischen Serien-Atems ungewöhnliche“ Entschleunigung, die das „Breaking Bad“-Prequel „Better Call Saul“ auszeichne: „Es ist eine Serie, die innovativ erzählt, ohne die Zuschauer ständig aufdringlich darauf hinzuweisen, dass sie innovativ erzählt.“ Francine Proses anlässlich des Endes der zweiten Staffel angestellte Betrachtung für New York Review of Books klingt mindestens ebenso enthusiastisch: „Ultimately, what makes the show so good—aside from its humor and originality, the quality of the acting, dialogue and plotting, its eye for the natural and man-made visual pleasures of New Mexico—is its affectionate respect for its painfully flawed, admirably brave, human characters. We see our own efforts, dreams and imperfections in these honest or shady lawyers, these scammers and fixers struggling to keep from going under, seeking love and approval in obviously the wrong places. As happens with good fiction, these characters populate our psyches during the time we spend among them.“

+++ Jean-Marie Büttner hat sich für den Tages-Anzeiger Roger Schawinskis Talkshow mit dem Politiker und Medienunternehmer Christoph Blocher angesehen. „Der Kampf gegen die SVP vonseiten der Staatsmedien und von Blick bis NZZ hat mich in ihrer Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten den Juden gegenüber erinnert“, hat Blocher gerade gesagt, woraufhin ihn Schawinski natürlich ansprach. Bei seinen Verteidigungsversuchen benutzte Blocher, so Büttner, „eine Formulierung, die seine bisherigen bei weitem übertrifft: Mit seinem Satz, sagte er, habe er nicht ‚Konzentrationslager und solchen Mist‘ gemeint“. 

+++ „In Online-Foren wird der umstrittene Unternehmer Carsten Maschmeyer oft dann bejubelt, wenn es Kritik gibt. Dieselben Fans schwärmen auch von Veronica Ferres und Mirko Slomka. Ist das gesteuerte PR oder wahre Verehrung?“ Das fragt sich Sonja Álvarez (Tagesspiegel).

+++ Martin Kaul interviewt für die taz den Berliner Theaterregisseur Moritz Riesewieck, der auf den Philippinen Mitarbeiter von Firmen besucht hat, die als Dienstleister bzw. „Müllentsorger“ für Facebook, Twitter und Co. tätig sind. „Sie sitzen den ganzen Tag vor dem Computer und sortieren aus den schlimmsten Bildern des Internets die allerschlimmsten heraus. Sie verdienen dafür in der Regel zwischen zwei und sechs Dollar die Stunde“, erzählt Riesewieck. „Für viele ist das weit besser, als Müll zu sammeln oder sich zu prostituieren. Aber klar ist auch: Hier werden gerade in großem Stil ganze Teile einer Gesellschaft traumatisiert, Tausende von Menschen, deren Tagesaufgabe darin besteht, im Sekundenrhythmus Schockbilder anzuschauen und durchzuklicken, von denen viele auf der anderen Seite der Welt produziert werden. Sie werden damit einfach alleingelassen.“

+++ Des weiteren in der taz: Auf die Abfindungsangebote von Springers Welt (siehe Altpapier) „sollen bisher nur wenige Mitarbeiter darauf eingegangen sein“.

+++ Springer (II): „Während Annie Leibovitz für den Pirelli-Kalender 2016 echte Heldinnen statt der üblichen mageren, barbusigen Models fotografiert, gaukelt die Bild-Zeitung jungen Mädchen immer noch vor, es sei erstrebenswert, sich öffentlich auszuziehen (...) Dass die Objektifizierung von jungen Frauen, wie sie in Bild stattfindet (und die zumeist mit der Unsichtbarkeit älterer Frauen einhergeht), nicht die Realität abbildet, sondern reine Männerphantasien, müssen wir (Frauen) meist einzeln im Rahmen einer Zurückweisung erklären.“ Unter anderem mit diesen Worten leitet die Schauspielerin Julia Thurnau einen bei Carta publizierten Offenen Brief an Bild-Chefredakteurin Tanit Koch ein. 

+++ Mehr Angriffe türkischer Politiker auf die Kunst- und Meinungsfreiheit: „Ein Plakat zum Gedenken an den verstorbenen Gezi-Protestler Berkin Elvan soll wegen der Kritik an Erdogan aus einer Genfer Ausstellung entfernt werden“, heißt es etwa in einer AFP/Welt-Meldung. „Ein Istanbuler Gericht verurteilte Can Dündar, den Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet wegen Beleidigung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogon zu einer Geldstrafe“, meldet derweil SZ.de. Im letzteren Text geht es auch um eine Einreiseverwerigerung für den US-Journalisten David Lepeska. 

+++ Pressefreiheit in Ägypten: „Die Nachrichtenagentur Reuters muss in Ägypten wegen eines Berichts über die Ermordung des italienischen Doktoranden Giulio Regeni mit Strafverfolgung rechnen. Ein Polizeioffizier stellte am Freitag Strafanzeige wegen der Verbreitung gefälschter Nachrichten gegen den Kairoer Büroleiter der Agentur, wie am Wochenende bekannt wurde.“ Darüber berichtet die SZ auf ihrer Medienseite

+++ Über einen möglichen Megadeal auf dem US-Zeitungsmarkt informiert uns ebenfalls die SZ: Der Gannett-Verlag, dem 108 Zeitungen gehören, „hat für das Verlagshaus Tribune Publishing, in dem die LA Times erscheint, 815 Millionen Dollar geboten. Gannett ist Herausgeber von USA Today, einer der drei auflagenstärksten Zeitungen des Landes. Zu Tribune Publishing gehören neben der LA Times die Chicago Tribune, die Baltimore Sun und mehrere Regionalzeitungen.“ Mehr dazu bei USA Today, also einer Zeitung, die dem Bieter gehört.

+++ Dass die derzeitige SRF-Kulturchefin Nathalie Wappler in gleicher Funktion zum MDR wechseln wird (Leipziger Volkszeitung vom Wochenende), meldet nun auch die NZZ. Der SRF habe „die Belegschaft über diese Personalie bereits informiert“. 

+++ „Die Gesichter verpixeln oder lieber gar nichts posten? Wie geht man mit Fotos seiner Kinder im Netz um?“ Diese Frage hat Jörg Breithut (Spiegel Online) sieben „Familienbloggern“ gestellt. Patricia Cammarata, aka @dasnuf, zitiert er zum Beispiel so: „‚Das Internet soll kein kinderfreier Raum werden.‘ Es sei eine Entscheidung der Eltern, ob sie das Foto ihrer Kinder im Netz veröffentlichen oder nicht. Sie selbst habe sich für den konservativen Weg entschieden: Das Kind zeigen, aber nur ohne Gesicht.“

+++ Aus dem arte-Schwerpunkt zum 30. Jahrestag der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl bespricht Oliver Jungen FAZ den Olivier Juliens Dokumentarfilm „Tschernobyl, Fukushima – Leben im Risikogebiet“: „Es sind vielleicht etwas viele Einzelbeispiele, Gesprächspartner und Sprünge zwischen den Ländern. Nach anderthalb Stunden fühlt man sich ein wenig ermattet und bekommt im Abspann noch ein Heidegger-Zitat hingeworfen, das selbst eine neunzigminütige Erläuterung in Bezug auf das empfohlene „besinnliche Denken“ bedürfte. Aber überambitioniert zu sein hat noch keinem Dokumentarfilm geschadet.“  

+++ Der erste Beitrag im gerade neu gestarteten Blog weltliteratur.net (an dem der möglicherweise vom Umblätterer bekannte Frank Fischer mitwirkt): „a top-25 list of ‘books’ ranked by the number of articles dedicated to these ‘books’ in different Wikipedia language editions“. Wer wissen will, was es mit den Anführungszeichen auf sich hat, wird den Link anklicken müssen.

+++ Gibt es noch Bedarf an Klageliedern von Verlegern zur BGH-Entscheidung in Sachen VG Wort (siehe Altpapier)? Hanser-Chef Jo Lendle singt eines für die Welt.

Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.