Der Brandherd ist bereits der Großbrand
Müssen wir den „wieseligen Angstkonditionierern in Politik und Medien genauer aufs Maul schauen?“ War die Anschlagsberichterstattung von, nur zum Beispiel, Spiegel Online bisher „erschütternd“? Sind „alle Zeitungsschreiber von Handwerks wegen Allarmisten“ (Schopenhauer, 1851)? Außerdem: die „pietistische Notgeilheit“ sogenannter Sportjournalisten.

Schreibt man das Altpapier unter dem Eindruck von Ereignissen wie #BrusselAttacks, lässt es nicht vermeiden, dass einem manche Medien- oder Medienseitenthemen weniger bedeutsam vorkommen als an sogenannten normalen Tagen. Die Agenda der Kolumne von dem Terroranschlag dominieren zu lassen, wäre allerdings das falsche Signal, es wäre ja, Achtung, jetzt folgt ein Allgemeinplatz des ideellen Gesamtleitartiklers, genau das, was die Attentäter wollen. Möglich wäre es natürlich, an dieser Stelle näher darauf einzugehen, dass diverse Spinnerinnen und Spinner in solchen Situationen twittern, was Spinnerinnen und Spinner twittern müssen, und man könnte sich auch mit den erwartbaren Reaktionen auf diese erwartbaren Wortmeldungen beschäftigen, aber irgendeinen Erkenntniswert lieferte dies nicht. Gewiss, es gehört auch zu den Aufgaben einer Metamedienkolumne, unproduktive Erregungszyklen zu thematisieren, aber manchmal drängt es sich halt auch auf, sie zu ignorieren.

Der am meisten reflektierte Text zum aktuellen Thema Nummer eins stammt von dem Philosophen Eduard Kaeser. Sein Gastbeitrag für die NZZ ist allerdings vor der Anschlägen von Brüssel entstanden. Online gestellt hat ihn die NZZ wenige Stunden zuvor. Im Vorspann heißt es:

„Die vielen Krisen unserer Zeit sind geeignet, uns kognitiv zu überfordern. Wo vieles unklar ist, erblüht die Angst und haben Angstmacher Konjunktur. Dagegen gilt es den Wirklichkeitssinn zu schärfen.“

Kaeser schreibt:

„Der Konjunktiv ist der Adjutant der Angstmache. Eine seiner wichtigsten Waffen ist das Unwahrscheinliche. Eine Atmosphäre der Angst bauscht es auf. Es nistet sich in meiner Wahrnehmung ein wie der graue Star. Und das Perfide des real ‚vagabundierenden‘ Terrors liegt darin, dass er  mit jedem neue Schlag dieses verschwindend Kleine zu einer unverhältnismäßigen Größe aufbläst – eben zum möglichen Terror. Er düngt in einer verängstigten Öffentlichkeit den Nährboden für das Verdächtige, Spekulative, ja auch Wahnhafte. Die Angst schafft sozusagen einen Möglichkeitsraum, in dem das Potenzielle fast das gleiche Gewicht erhält wie das Aktuelle. Der Brandherd ist bereits der Grossbrand.“ 

Das Fazit des Philosophen:

Angst macht bekanntlich unfrei. Sie richtet uns ab zu kollektiver Zwangswahrnehmung. Zum Wir-ihr-Denken. Zu einer Mobifizierung der Politik. Das wissen auch die, die uns Angst einreden wollen. Ihre narrative Wühlarbeit zersetzt die Res publica wie die Terrorattacken. Vermutlich sogar wirksamer. Wenn das Mögliche ungeheuer ist, könnte es also von Vorteil sein, dass wir das Sensorium für das Wirkliche nicht verlieren. Und das heisst unter anderem, dass wir den wieseligen Angstkonditionierern in Politik und Medien genauer aufs Maul schauen müssen.“

So unaufgeregt wie möglich, aber natürlich nicht wertungsfrei befasst sich Michael Hanfeld heute auf der Medienseite der FAZ mit dem „Fernsehen am Tag des Massenmords in Brüssel“. In seinem Text fasst er über den Tag gemachte Eindrücke zusammen:

„Die Korrespondenten, die wir im Fernsehen hören, bleiben im Studio und haben die undankbare Aufgabe, Hintergründe zu dem Geschehen zu liefern, dessen aktuelles Ausmaß sie nicht kennen können (...) Und sogleich beginnt die Stunde der Experten, die darauf geeicht sind, ad hoc zu mutmaßen.“

Stärker kommentierend geht Jens Rehländer in seinem Blog das Thema Attentatsberichterstattung an. Was hat der „postulierte Anspruch“ des „sogenannten Qualitätsjournalismus“, sich mit „fachlicher Expertise und fundierten Einschätzungen (...) vom oftmals oberflächlichen Gesummse in den sozialen Netzwerken“ abzusetzen, „mit der Wirklichkeit zu tun“? Die Formulierung der Fragestellung lässt bereits die Antwort erahnen:

„Wenig. Die mediale Begleitung der (...) Terroranschläge in Brüssel liefert dafür erschütternde Beispiele. Wieder einmal. Nehmen wir zum Beispiel Spiegel Online. Angesichts der Nachrichtensperre reiht dort ein Newsticker seit den frühen Morgenstunden wie am Fließband unverbundene Banalitäten, Nachrichtensplitter sowie Fundstücke aus Facebook und Twitter aneinander (...) Nicht fehlen dürfen Fotostrecken, die zwar keinerlei journalistischen Erkenntniswert haben, aber meine voyeuristischen Instinkte herausfordern sollen ( ‚Fotos aus Brüssel: Szenen des Schreckens‘) (...) Auch in der Flut von Smartphone-Videos, die Augenzeugen Minuten nach den Anschlägen ins Netz gestellt haben, fischt Spiegel Online ausführlich. Da auch diese oftmals verruckelten, stets unkommentierten und folglich kontextlosen – dafür aber kostenlosen – Filmchen nichts mit Journalismus zu tun haben, klebt ihnen die Redaktion im Titel zwar das Zweite-Wahl-Siegel ‚Amateurvideos‘ auf – und lockt trotzdem in der Formulierung der Überschrift mit der Aussicht, Grauenhaftes aus erster Hand zu sehen: ‚Amateurvideos aus Brüssel: Momente nach den Explosionen.‘“

Diese „Art von Journalismus, die nicht verantwortungsbewusst aufklären will, sondern nur noch greller auffallen will als die Konkurrenz“, habe am Dienstag aber nicht nur Spiegel Online geliefert, bemerkt Rehländer.

[+++] Von den Taten der Feinde der Freiheit in Brüssel überzuleiten zu den Feinden der Freiheit, mit denen sich der Journalismus hier zu Lande konfrontiert sieht, ist gewagt, aber es hat in der Geschichte des Altpapiers schon weniger elegantes Crossfading gegeben:

Norbert Schneider schreibt im Leitartikel der Medienkorrespondenz zum Umgang mit Menschen, die „Lügenpresse“ skandieren, beziehungsweise „zum Umfeld einer Hetzvokabel“: 

„Dass sich, obwohl das Wort keine Einzelnen adressiert, Publizisten, Journalisten und Redakteure persönlich verleumdet fühlen und mit Empörung und der umgehenden Zurückweisung reagieren, ist verständlich. Doch es bleibt am Ende unproduktiv. Nicht nur, dass man sich auf das Niveau begibt, auf dem die Hetzer zu Hause sind und das sie beherrschen, auf das Niveau der Unschärfe, der Undeutlichkeit, der Denunziation. Man verpasst mit solchen Reaktionen auch die eigentliche Antwort ... Tatsächlich wird mit dem Wort Lügenpresse die Basis dieser Medien angegriffen. Das ist der Artikel 5 der Verfassung, der Garant derselben Meinungsfreiheit, unter dem sogar solche Diffamierungen wie Lügenpresse als freie Meinungsäußerung Schutz finden. Der unscharfe Vorwurf Lügenpresse richtet sich im Kern gegen einen sehr klaren Artikel der Verfassung. Er macht diesen Artikel verächtlich und erweist sich darin mindestens als verfassungsfeindlich, in letzter Konsequenz als verfassungswidrig

Ergo:

„Wer Lügenpresse sagt, der verlässt den Boden der Verfassung dieses Landes.“

Im Original, das vielleicht noch zum Verständnis, ist das Wort Lügenpresse jeweils kursiv gesetzt.

Kay Sokolowsky macht in der April-Ausgabe von konkret, die am Donnerstag an die Kioske kommt, deutlich, dass „fundamentale Medienkritik erst recht vonnöten ist, wenn die Truppen der Gegenaufklärung und Reaktion die Presse attackieren“. Die „Lü-gen-pres-se“ schreienden „Mistgabelschwinger“ bzw.

„die Feinde der Freiheit wollen sich die Medien unterwerfen, die freien Kritiker möchten das System verändern. Die aufgestörten Qualitätseditoren müssen eine Distanzierung der Kritiker von den Hassern gar nicht einfordern; die ergibt sich von selbst, aus der Differenz von Mensch- und Zombietum.“

Was Medienkritiker im engeren und weiteren Sinne - Adorno, Kraus, Schopenhauer - „in über mehr als als zwei Jahrhunderten“ an Befunden geliefert hätten, gelte weiterhin. Der von Sokolowsky zitierte Schopenhauer schrieb zum Beispiel 1851

„Uebertreibung in jeder Art ist der Zeitungsschreiberei eben so wesentlich, wie der dramatischen Kunst; denn es gilt, aus jedem Vorfall möglichst viel zu machen. Daher auch sind alle Zeitungsschreiber von Handwerks wegen Allarmisten; dies ist ihre Art, sich interessant zu machen.“ 

Mangelnde Aktualität kann man Schopenhauer in der Tat nicht vorwerfen.

[+++] Ob das „Vertrauen eines Großteils der Bevölkerung in die Berichterstattung der Massenmedien in Deutschland“ derzeit tatsächlich so außergewöhnlich gering ist wie allgemein geraunt wird - das stellen Andreas Köhler und Kim Otto (European Journalism Observatory und meedia.de) in Frage. Sie beziehen sich auf das „Eurobarometer“, das TNS Infratest seit 16 Jahren ermittelt:

„Im Herbst 2015 vertrauen nur 46 Prozent der Befragten der Presse, 49 Prozent misstrauen ihr. Die übrigen fünf Prozent antworten mit ‚weiß nicht‘. Das heißt, dass das Misstrauen überwiegt. 2014 haben nur 45 Prozent der Presse misstraut und 47 Prozent haben ihr vertraut. Das Vertrauen in die Presse ist 2015 im Vergleich zum Vorjahr also tatsächlich zurückgegangen. Betrachtet man das Medienvertrauen über einen längeren Zeitraum von 2000 bis 2015 ist dies jedoch kein Grund, Alarm zu schlagen: Das Misstrauen war von 2000 bis 2003 und von 2006 bis 2008 auch schon größer. Im Jahr 2000 vertrauten nur 30 Prozent der Befragten der Presse. Der Anteil der Befragten, die der Presse trauen, erreichte nur selten einen Wert, der über dem von 2015 liegt, nämlich 2004, 2005, 2009-2012 und 2014. Das heißt, dass nur in sieben von 16 untersuchten Jahren das Vertrauen in die Presse größer war als 2015.“

Der Begriff „Medienvertrauen“ ist - das wird umso deutlicher, wenn man Schneider und Sokolowsky gelesen hat - allerdings ziemlich diffus. Wer kein Grundmisstrauen in „die Medien“ hat, ist ein armes Hascherl, wer dieses Grundmisstrauen hat, ist aber nicht zwangsläufig ein „Mistgabelschwinger“, um Sokolowsky zu zitieren. Sehr wahrscheinlich also, dass unter denen, die in den Befragungen angaben, sie misstrauten den Medien, sowohl Freunde der Freiheit als auch Feinde der Freiheit sind.

[+++] Sighart Leifert, einer meiner Lehrer in der neunten und zehnten Klasse, amüsierte sich seinerzeit über einen Lehrerkollegen, der sich „links von der Mitte“ positionierte: „Da frage ich mich, wo bei dem die Mitte ist.“ Ich weiß zwar nicht, was aus Leifert geworden ist, aber ihm verdanke ich eine grundsätzliche Skepsis gegenüber politischen Einordnungen aller Art, in denen der Begriff „Mitte“ auftaucht. Wo für Spiegel-Mann Dirk Kurbjuweit „die Mitte“ ist, frage ich mich zum Beispiel angesichts seines aktuellen Leitartikels (der hier gestern schon indirekt Thema war, anhand eines Verweises auf einen meedia.de-Artikel über die aktuelle Spiegel-Ausgabe). Die AfD sei „auch eine Partei der Mitte“, schreibt er dort. 

Ob man sich bei Kurbjuweit überhaupt noch über irgendetwas wundern muss, ist eine andere Frage. Wir erinnern hier aus gegebenem Anlass noch einmal an einen nicht unskandalösen Artikel über den Historiker Ernst Nolte (siehe Altpapier).


Altpapierkorb

+++ Wie guter politischer Journalismus mit den heutigen digitalen Möglichkeiten aussieht, zeigt die Washington Post. Sie hat eine Diskussion der Redaktion mit Donald Trump komplett zugänglich gemacht, sowohl als Transkript als auch als Audio-Dokument.

+++ Dass es „offenbar jemanden in (Max) Kruses Umfeld gibt, der ihm massiv schaden will“, vermutet Carsten Eberts (SZ.de) aufgrund diskreditierender Veröffentlichungen über den partyknipserkritischen und auch im Pokerspiel versierten Fußballprofi des VfL Wolfsburg. Dirk Gieselmann (11freunde.de) meint: „Die delikaten Informationen, obwohl vereinzelt und im raunenden Ton des Gerüchts kolportiert, suggerieren den Eindruck vom Leben eines hedonistischen jungen Mannes, der Dezenz und Bescheidenheit für nachrangige Tugenden hält. Der es krachen lässt, weil er es krachen lassen kann (...) Was die Sache aber erst richtig enervierend macht (...), ist der moralische Instant-Extremismus, der den Ausschweifungen entgegengesetzt wird. Etwa die pietistische Notgeilheit mancher Berichterstatter: Sie können ihr Glück kaum fassen, dass sich jemand öffentlich gehen lässt, wann passiert das schon mal in der aseptischen Sphäre Profifußball? Aber dann sind sie die ersten, die nach dem Sagrotan schreien.“ 

+++ Der bei deutschen Talkshowredakteuren beliebte Krawallmacher Roger Köppel sei neben vielem anderen, wie wir seit „seinem ersten Editorial dieses Jahres“ wüssten, auch „ein Hermann-Göring-Versteher, einer der schauderhaftesten Figuren des letzten Jahrhunderts“, meint Michael Ringier, der Verwaltungsratspräsident des Ringier-Konzerns, der sich nun bei Marketing & Kommunikation über die geringe Empörung über eben jenen Text empört: „Außer einem Artikel in einer Regionalzeitung und einem Kommentar eines Theaterregisseurs in einer Sonntagszeitung wird kaum eine Zeile darüber verloren.“

+++ Aus der aktuellen FAS mittlerweile frei online: Mark Siemons weist darauf hin, dass in der Flüchtlingsfrage ein Widerspruch zu Tage tritt, der zwar im akademischen Milieu schon seit Jahrzehnten diskutiert werde. Hannah Arendts „The Origins of Totalitarianism“ (1951) aufgreifend, schreibt er, „dass etwas mit dem Konzept des Nationalstaats nicht stimmt, wenn er Menschen, die aus seinen Rastern herausgefallen sind, dazu verdammt, zu Aliens zu werden. Nicht der Staat ist für Hannah Arendt der Bezugspunkt des Politischen, sondern der einzelne Mensch, als dessen Realsymbol sie die Figur des Flüchtlings nimmt.“ Siemons‘ Fazit: „Wer aus der Geschichte der jüngsten beiden Jahrhunderte die Folgerung zieht, dass Ausgangs- und Fluchtpunkt des Staats der einzelne Mensch sein solle und nicht umgekehrt, wird sich nicht damit begnügen wollen, aus der jetzigen Krise irgendwie davonzukommen und zum Status quo zurückzukehren. Die katastrophischen Ereignisse, die die Flucht von Millionen erzwingen, machen aus einem vermeintlich akademischen Zwiespalt eine höchst praktische, überlebenswichtige Frage: Wie kann ein Europa aussehen, das weder seine alten noch seine neuen Bewohner zu Aliens macht? Bisher hat man nicht den Eindruck, als wollte sich Europa auf eine solche Frage einlassen.“

+++ Telepolis spricht mit Marvin Oppong „über die Kooperation zwischen Medienverlagen und Lobbyorganisationen“ bzw. über ein „Arbeitspapier“, das Oppong zu diesem Thema für die Otto-Brenner-Stiftung erarbeitet hat.

+++ Ein Leserbriefschreiber der Medienkorrespondenz weist darauf hin, dass nicht unerwähnt bleiben sollte, dass im Zuge der sogenannten Reformen des Programms Funkhaus Europa (siehe u.a. dieses Altpapier und diesen, gestern hier kurz erwähnten MK-Artikel) auch Radiopolis, „das einzige deutsch-griechische Radiomagazin in Deutschland“, wegfällt. Die Sendung sei zunächst „vom Samstagnachmittag in den Abend um 21 Uhr verbannt“ worden „und jetzt wird sie auch komplett eingestellt. Und das in einer Zeit, in der viele neue griechische Einwanderer nach Deutschland gekommen sind und die deutsch-griechischen Beziehungen kompliziert geworden sind“.

+++ „Die Probleme der Zeitungsgruppe Stuttgart sind – Krise hin oder her – hausgemacht und tragen einen Namen: Richard Rebmann. Seit 2008 im Amt, hat der Geschäftsführer den Branchenprimus zum Sanierungsfall gemanagt.“ So teasert Kontext, das Fachorgan für Unschönes aus der Medienlandschaft Stuttgart, einen Text an, den Jürgen Bartle, „bis 2011 Geschäftsführer bei der Hier Lokalzeitung GmbH im Stuttgarter Pressehaus“, verfasst hat.

+++ Die bevorstehende Einstellung der Print-Ausgabe des Independent und die Umstellung auf eine Online-only-Zeitung (siehe Altpapier) hat nicht nur zur Folge, dass 100 von 160 Journalisten ihren Job verlieren, sondern auch, dass die verbleibenden Kollegen weniger verdienen, wie der Guardian berichtet: „Independent journalists are being asked to take pay cuts of as much as half their current salaries if they transfer to the digital operation once the daily print title closes this weekend.“ 

+++ Auf vielen Medienseiten heute präsent: Betrachtungen zum ARD-Mittwochsfilm „Nur eine Handvoll Leben.“ Es geht um den Umgang mit Trisomie 18. Karoline Meta Beisel dazu in der SZ: „Annette Winterhoff lebt mit ihrem Mann Thomas in einer Patchworkfamilie, die beiden freuen sich auf das gemeinsame Kind. Dann stellt sich heraus, dass das Baby an einem Chromosomendefekt leidet (...) Für einen neunzigminütigen Film wäre das eigentlich genug Konflikt gewesen: Sollen Annette und Thomas das Baby bekommen?“ Was Beisel allerdings stört: „Der Film (...) nutzt die hochspannende Grundfrage allerdings nur als Gerüst. Drumherum versammelt das Buch von Henriette Piper allerlei Probleme, mit denen Eltern im Fernsehen eben zu tun haben: die Pubertät der Tochter, der stressige Job, der angespannte Umgang mit dem Ex.“ Regisseurin Franziska Meletzky und Drehbuchautorin Henriette Piper „geben dem Zuschauer nicht vor, was er denken oder fühlen soll“, lobt die FAZ. Und Thomas Gehringer (Tagesspiegel) hat Hauptdarstellerin Annette Frier interviewt. Barbara Sichtermann (epd medien) stellt schließlich Folgendes in den Blickpunkt: ‚Nur eine Handvoll Leben‘ ist ein Film, der von Frauen gemacht wurde: Auch die Kamera ist von einer Frau geführt worden (Bella Halben), und im Film selbst gibt es vorwiegend weibliche Rollen. Nachdem kürzlich neue Statistiken bewiesen haben, dass der Prozentsatz von Regiefrauen im Fernsehfilmwesen immer noch sehr gering ist, freut man sich über so einen Sonderfall. Man könnte einwenden: Na ja, Schwangerschaft, ein behindertes Baby, das ist ja nun wieder so ein Frauenthema. Aber wenn man den Film richtig versteht und den thematischen Bogen weiterspannt, erkennt man, dass er mehr leistet: eine Kritik an der verkürzten Kommunikation gerade bei Schicksalsfragen in unserer technischen Zivilisation.“

Neues Altpapier gibt es wieder am Donnerstag.