Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige Durchsage:
„Technische Probleme: Facebook fällt weltweit vorübergehend aus“ (Spiegel Online)
„Facebook für etwa eine Stunde nicht erreichbar“ (Sueddeutsche.de)
„Erneuter Totalausfall bei Facebook“ (Handelsblatt)
„Facebook war eine Stunde nicht erreichbar“ (Tagesspiegel)
„Störung bei Facebook - ,Sorry, something went wrong’“ (Berliner Morgenpost)
„Technische Störung: Facebook war weltweit 90 Minuten offline“ (Hambuger Abendblatt)
„Facebook am Montagabend down“ (Neue Osnabrücker Zeitung)
„Facebook war eine Stunde weltweit nicht erreichbar“ (Stern.de)
„Zum dritten Mal in zwei Wochen: Facebook am Montagabend weltweit nicht erreichbar“ (Focus Online)
„Facebook ist down – und das Netz dreht auf Twitter durch“ (Meedia)
Falls Sie sich jemals gefragt haben sollten, wie eigentlich dieser Online-Journalismus funktioniert, und ob man diese sozialen Netzwerke ernst nehmen sollte: Jetzt wissen Sie Bescheid.
Mittlerweile geht übrigens alles wieder. Aber stellen Sie sich vor, Sie hätten sich gestern Abend gegen neun Uhr bei Facebook einzuloggen versucht, eine Fehlermeldung erhalten und nicht sofort bei ca. 967 deutschen Onlineportalen nachlesen können, was Sie schon wussten. Nämlich, dass Facebook down ist. Ja, was wäre dann gewesen?
[+++] Dass Flüchtlinge ein Smartphone haben, und das auch gut so ist, haben wir in den vergangenen Wochen bereits gelernt. Schließlich kommen die Menschen aus Syrien und dem Irak zu uns, und nicht aus der Steinzeit. Da erscheint es nur logisch, dass man ihnen im Internet, schön übersichtlich und in Sprachen wie Paschtu, Dari und Urdu, ein Informationsangebot macht mit allem, was man zwischen Asylantrag und Arbeitserlaubnis wissen muss, nachdem man hier seine zwei Quadratmeter in einer Sporthalle bezogen hat.
Die Deutsche Welle hat sich der Sache nun angenommen.
„Das maßgeschneiderte Angebot soll Asylsuchenden helfen, den Alltag zu bewältigen, Behördengänge zu meistern, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt auszuloten und die deutsche Sprache zu erlernen. Die Neuankömmlinge erhalten Tipps zur Landeskunde von A bis Z – Daten, Zahlen, Fakten von Arztbesuch bis Zimmersuche. Linksammlungen verweisen auf wichtige weiterführende Informationen“,
heißt es in der dazugehörigen Pressemitteilung.
Damit sich auch Deutsche von dem Angebot ein Bild machen (und ihr Wissen in ihrem neu entdeckten Ehrenamt einbringen) können, gibt es die Seite auch in der Landessprache. Besonders gut gefallen mir dabei die fünf Dinge, die man als besonders deutsch und damit bemerkenswert herausgearbeitet hat: Mülltrennung. Respekt vor roten Ampeln. Im Restaurant getrennt bezahlen. Katzen- und Hundebesitz. Siezen. Sowie die „10 Dinge, auf die man in Deutschland achten sollte“.
Ganz oben auf der Liste findet sich das Verbot von Schwarzarbeit, gefolgt vom Verbot von Steuerhinterziehung, gefolgt vom Verbot, seine Kinder zu schlagen.
In anderen Worten: Herzlich willkommen in Deutschland, aber bitte macht hier nicht das, von dem wir ausgehen, dass ihr es zu Hause die ganze Zeit macht.
Ich mag mich irren, aber das Schüren fieser Vorurteile ist eventuell nicht der beste Weg, zur Integration beizutragen.
[+++] Die öffentlich-rechtlichen Sender haben das mit dem Binge-Watching jetzt auch voll drauf. Das konnten wir bereits am vergangene Wochenende beim Wegsenden von „Blochin“ beobachten.
Damit Sie nach Ablauf der Serie nun nicht das Bedürfnis verspüren, die Couchgarnitur doch mal Richtung Außenwelt (oder noch schlimmer: das lineare Fernsehen Richtung Netflix) zu verlassen, legt die ARD ab heute mit „Weißensee“ nach. An drei Abenden hintereinander läuft die komplette dritte Staffel in Doppelfolgen. Für alle, bei denen das Bingen erst mit Folge drei in Folge beginnt, wurden alle auch schon in die Mediathek gestellt.
Um es zurückhaltend zu formulieren: Die Rezensionen sind euphorisch. Und am allerbegeistertsten ist Regina Mönch auf der Medienseite der FAZ. Da sich so viel Freude am deutschen Fernsehen dort eher selten findet, zur Feier des Tages ein paar Zitate:
„,Weissensee’ ist anders, individueller, lässt seinen Protagonisten die Ambivalenz komplexer Charaktere, kommt pathosfrei und erfrischend unterhaltsam daher.“
„Die Drehbücher von Annette Hess und Friedemann Fromm sind das Beste, was deutsches Fernsehen zu diesem Thema aufzubieten hat. Ganz große Verbeugung vor Regina Ziegler, der Produzentin, für ihren Mut, dieses kühne Serienprojekt voranzutreiben.“
„,Weissensee’, die dritte Staffel, ist ein mitreißender Politthriller mit allem Drum und Dran“.
„Das ist zuweilen wahnsinnig komisch, doch bleibt einem das Lachen immer wieder im Halse stecken“.
„Großartig Lisa Wagner als Katja Wiese, eine herrlich schnoddrige Neuwestberlinerin voller Neugier auf diesen Osten“.
Jauchzet, frohlocket: Das deutsche Fernsehen kann auch Serie, und ja, diese Zitate stammen tatsächlich alle aus demselben Text. Was nicht heißt, dass man anderswo nicht auch sehr zufrieden wäre:
„Am Beispiel der Serie ,Weissensee’ ließ sich das Drama des deutschen Fernsehens immer gut beschreiben, was zuallererst einmal daran liegt, dass es 2010 – lange bevor alle deutschen Sender und Produzenten anfingen, vom deutschen ,Breaking Bad’ zu faseln – eine kleine Revolution bedeutete. Die Geschichte von Julia und Martin, dem Liebespaar in der DDR zwischen seiner Stasi-Familie und ihrer Oppositions-Mutter, war anders, als deutsche Serien sonst sind – ernsthafter und emotionaler. Und sie zeigte umso deutlicher, woran es im Alltagsfernsehen so fehlt. Annette Hess hatte komplexe Figuren erfunden, denen man mit einer Mischung aus Faszination, Mitleid und Abscheu begegnete, etwa Martins Bruder Falk, großartig gespielt von Jörg Hartmann.“
Meint Katharina Riehl in der SZ.
„Ein starkes Stück Fernsehen hat die ARD mit der dritten Staffel des Dramas ,Weissensee’ nach Drehbüchern von Annette Hess und Regisseur Fromm abgeliefert. Denn die Serie funktioniert auf allen Ebenen: Sie taugt als gesellschaftspolitisches Lehrstück über die dramatischen Zeitläufe im Herbst 1989, sie taugt ebenso als intensive Familienstory voller Gefühle, aber ohne Kitsch, zerrissen, mit nicht lösbaren Widersprüchen, Unsicherheit und Liebe, und sie taugt daneben fast genauso gut als dichtes Kriminalspiel, denn die Machenschaften der Täter, die ihre Tentakeln bis in die Bürgerrechtsbewegung hinein gelegt haben, werden erst nach dem Mauerfall offensichtlicher.“
Heißt es in der Rezension der dpa, veröffentlicht vom Hamburger Abendblatt.
Und wenn Sie jetzt immer noch unsicher sind, ob dieses „Weißensee“ wohl sehenswert sei, dann bedenken Sie, dass die Berliner Zeitung sich nicht nur die Mühe gemacht hat, sich dieses Medienthemas selbst anzunehmen, sondern für den Text sogar eine Art Idee hatte: „Sechs Gründe, warum Sie ,Weißensee’ nicht verpassen dürfen“.
Ja, die sechs Punkte „Timing“, „Dramatik“, „Handlung“, „Vielfalt“, „Besetzung“ und „Relevanz“ könnte man bei Gelegenheit noch einmal zweitverwerten. Etwa bei der nächsten Besprechung einer Hundschau. Aber der Gedanke zählt.
[+++] Falls es jemand noch nicht mitbekommen haben sollte: Journalismus ist vielleicht ein Traumjob. Aber nicht für Menschen, die gerne pünktlich ihre Miete bezahlen und sich auch mal was außer der Reihe leisten mögen. Ein Eis zum Beispiel.
Da man das ja nicht oft genug sagen kann, die Jugend will ja gewarnt sein, hat Werben und Verkaufen sich eine „exklusive Auswertung vom Gehalt.de“ erstellen lassen und festgestellt:
„Auch Tarifverträge scheinen keine Richtschnur mehr zu sein. Das gilt vor allem für junge Redakteure, die für ihren Traumjob offenbar auch eine geringe Entlohnung in Kauf nehmen. 30.200 Euro Jahresgehalt verdient im Schnitt ein Redakteur mit unter drei Jahren Berufserfahrung und ohne Personalverantwortung - knappe 2.500 im Monat (Stundenlohn: 14,70 Euro). Auch mit einer Berufserfahrung von drei bis sechs Jahren reicht es laut der Erhebung nur für 36.700 Euro im Jahr - oder: 3058 Euro im Monat. Oder, umgerechnet auf ein Stundengehalt in einer 40-Stunden-Woche: 18 Euro. Zum Vergleich: Der Tarifvertrag für Tageszeitungsredakteure sieht zum Beispiel deutlich mehr vor. Im ersten bis dritten Jahr sollen es 3155 Euro pro Monat sein, im Jahr vier bis sechs immerhin 3661 Euro.“
Wovon Freie so leben, und ob es eigentlich noch als unabhängiger Journalismus gilt, wenn das Amt angesichts mieser Honorare das Wohngeld übernehmen muss, diskutieren wir dann nach der nächsten Maus.
+++ „Heute gleicht ,Jyllands-Posten’ einer Festung. Das Hauptstadtbüro in Kopenhagen liegt schräg gegenüber dem Rathaus. Kameras, Sicherheitsschleusen – je weniger Menschen hier hineinkommen, desto besser. Deswegen trifft sich Rose, der inzwischen das außenpolitische Ressort der Zeitung leitet, auch lieber in einem Café. Über seine Sicherheit möchte er nicht sprechen. Doch die beiden Männer, die an zwei Tischen hinter Rose sitzen und gelangweilt in den Raum starren, sprechen für sich. Flemming Rose wird ein Sicherheitsproblem haben, für den Rest seines Lebens. Das weiß er.“ Silke Bigalke hat für die Seite 3 der SZ Flemming Rose getroffen, der vor zehn Jahren beim Jyllands-Posten die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen verantwortete. +++
+++ Wenn Angela Merkel einer Zeitung zum Geburtstag gratuliert, dann kommt das von Herzen. Oder einfach nur aus der Tastenkombination Strg+c, Strg+v. Dem Tagesspiegel ist es am Wochenende so ergangen, als er die Glückwünsche des acht Tage älteren Weser-Kuriers auftragen musste. Man nahm es mit Humor; auch zu erkennen am Tweet des Online-Chefs Markus Hesselmann: „Noch jemand ohne Merkel-Grußwort?“ +++
+++ Buzzfeed, Diplom-Katzenverteiler und Faultieranimateur, kann auch ganz anders. Nämlich investigativ. Zumindest in den Buzzfeed-Redaktionen USA und UK werden auch harte Nachrichten produziert, schreibt Daniel Bouhs in der taz. +++
+++ Bei der Medienwoche macht sich Nick Lüthi Gedanken darüber, wie man seine Online-Zeitung finanziert bekommt, wenn man auf die wenig einträgliche, Adblocker gebeutelte Werbung ganz verzichtet. +++
+++ Die FAZ-Medienseite platzt heute mal wieder aus allen Nähten. Neben „Weißensee“ im Angebot: Wolfie Christl über Big Data („Wird unser Alltag bald von vollautomatischen digitalen Steuerungssystemen bestimmt? Wer treibt die Entwicklung voran, wer darf teilhaben, wer wird ausgesperrt, und wie prägen die Berechnungsalgorithmen unsere Gesellschaft?“). Kornelius Fritz über „Soundtrack Deutschland“, den Jan-Josef Liefers und Axel Prahl für die ARD zusammengestellt haben („Die Erzählung des ,Soundtrack Deutschland’ springt dann so schnell und wahllos von den Sechzigern in die Achtziger, von Ost nach West und mit den kalauernden Pirouetten der beiden Sendungsdirigenten wieder zurück, dass die Orientierung schnell auf der Strecke bleibt.“). Oliver Jungen über die Cologne Conference („Einen Serienhöhepunkt gab es bereits am Eröffnungswochenende: die für ITV produzierte vierteilige englische Produktion ,Safe House’ mit einem überzeugenden Christopher Eccleston in der Hauptrolle, der als Ex-Polizist in der nordenglischen Provinz in seinem Haus einer bedrohten Familie Schutz gewährt.“). +++
+++ Die SZ hat zur gleichen Veranstaltung Hans Hoff geschickt. Außerdem hat sich Jürgen Schmieder für die Seite die Neuauflage der „Muppets“ angesehen und ist nicht zufrieden: „Es soll eine Persiflage auf die Unterhaltungsindustrie sein, die in der ersten Folge jedoch scheitert, weil sie sich selbst viel zu ernst nimmt.“ +++
+++ Politico möchte bis 2020 expandieren und in allen 50 amerikanischen Bundesstaaten sowie den wichtigsten Hauptstädten der Welt vertreten sein, berichtete gestern die Huffington Post – die US-Version natürlich. Die deutsche Ausgabe musste derweil erklären, warum dicke Frauen keine Bikinis tragen sollten. +++
+++ Dass Zeitungen wie selbstverständlich Serien rezensieren, die ausschließlich auf schönen Portalen wie Amazon Prime oder Snap by Sky laufen, daran haben wir uns gewöhnt. Dass darüber ein Portal in Vergessenheit geriet, das am Anfang der On-Demand-Euphorie ganz oben mit dabei war, ist dabei untergegangen. Nun versucht sich Watchever wieder in Erinnerung zu rufen, schreibt DWDL. +++
+++ Am Freitag wurde hier im Altpapier noch festgestellt, dass die VW-Krise für Medien auch aus ihr Gutes habe – zumindest, wenn am Ende Autohersteller aus anderen Teilen Deutschlands große Werbeblöcke buchen. Auf lange Sicht reißt VW aber eher mit in den Abgrund, hat Meedia erfahren: „Finanzanalysten gehen davon aus, dass Volkswagen seine Marketing-Budgets angesichts der Krise kürzt. Die Privatbank Berenberg konstatiert für die in Deutschland notierten Aktien von ProSiebenSat.1 und Axel Springer ein ,Abwärtspotenzial’ aufgrund der VW-Affäre.“ +++
Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.