Inspiration Bierdeckel

Ein früherer Kulturstaatsmininster ist wütend auf den Hessischen Rundfunk, und der Stern macht das größtmögliche Geheimnis um einen Informanten in Sachen Hoeneß. Außerdem: Anflüge einer Meuterei bei der Süddeutschen Zeitung; Telekomscher Musikjournalismus, der möglicherweise gar kein Journalismus ist; denkfaule Rot-Rot-Grün-Experten; die geplante Zerschlagung des israelischen Staatsfernsehens.

Wenn potenzielle Rebellen aus den Redaktionen der Republik interne Konflikte in die Öffentlichkeit tragen, ist es immer auch einen Blick wert, welches Konkurrenzmedium sie dafür auswählen bzw. welches sich dafür interessiert. taz-Redakteure, die zu den weniger großen Fans der Chefredakteurin Ines Pohl gehörten, nutzen vor einigen Monaten die FAZ als Plattform, während die kurzzeitig gegen Wolfgang Büchner aufmuckenden Spiegel-Redakteure sich ungefähr überall äußerten (was auch damit zu tun haben könnte, dass sie von Hinz und Kunz gefragt wurden).

Einige einflussreiche Redakteure der SZ, die ein Problem damit haben, dass der Print-Chefredakteur Kurt Kister den süddeutsche.de-Chefredakteur Stefan Plöchinger in eine Gesamtchefredaktion befördern will, haben nun in der Wochenzeitung Die Zeit eine Plattform gesucht und gefunden. Es dürfte einen Grund dafür gegeben haben, dass sie nicht zur direkten Konkurrenz, also zur FAZ, gegangen sind. „Ein beachtlicher Teil des sogenannten Impressionisten-Rats“ habe „‚empört‘ und ‚abwehrend‘ auf Kisters Botschaft reagiert“, schreibt Alina Fichter nun in der aktuellen Zeit-Ausgabe (Seite 26). Dieses „Ständeparlament“ aus im Impressum verzeichneten Ressorleitern und anderen Großkopferten besteht aus 40 Leuten, und angesichts dieser Größe ist es nicht verwunderlich, dass darunter auch ein paar Plaudertaschen sind. Deren Einwände fasst Fichter so zusammen:

„Man wisse (...) nicht, wofür (Plöchinger) journalistisch eigentlich stehe. (Er) sei weder ein begnadeter Schreiber noch ein Intellektueller (...) Zudem zeige er zuwenig Demut, sondern trete stets extrem selbstbewusst auf.“

Das sind Töne, wie man sie vom Konflikt rund um Büchner kennt. Auch der Spiegel-Chefredakteur bekam von Redakteuren seines Hauses die Zuschreibung verpasst bzw. den Vorwurf zugerufen, er sei weder ein „Intellektueller“ noch ne edle Feder. Ob diese Charakterisierungen zutreffend sind, kann hier nicht das Thema sein. Abgesehen davon, ist nicht ganz klar, warum der Online-Chef einer tiptop renommierten Tageszeitung nicht „extrem selbstbewusst“ auftreten sollte. Noch rätselhafter der Hinweis auf die fehlende „Demut“. Holt Plöchinger etwa nicht den Kaffee oder das Bier für jene, die mit ihrem Intellektualismus hausieren gehen?

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Von Belang ist der Protest im Übrigen, weil Plöchinger nicht aufsteigt, wenn „wenigstens zwei Drittel der Stimmberechtigten“ (Fichter) widersprechen. Der Mann um den es geht, ist im übrigen gerade im Urlaub und tumblrt "Tiercontent".

Während die Zeit nun das Innenleben der SZ aufblättert, geht es anderswo um das Innenleben der Zeit. Telepolis macht auf den auf den ersten Blick verwirrenden Umstand aufmerksam, dass der Code of Ethics von Zeit Online, dem neulich der Russland-Experte Moritz Gathmann zum Opfer fiel (Altpapier), nicht auf jene beim Internet-Ableger der Wochenzeitung erscheinenden Texte angewandt wird, die aus der Print-Ausgabe stammen:

„Als Anfang des Jahres weite Teile der politischen Elite des Landes von Frank-Walter Steinmeier (SPD) über Ursula von der Leyen (CDU) bis zu Joachim Gauck eine stärkere deutsche Verantwortung in der Welt anmahnten, stand dahinter ein Strategiepapier zweier Denkfabriken, das im Vorjahr von einer 50-köpfigen transatlantischen Studiengruppe erstellt worden war (...)  Zu den Teilnehmern der Gruppe gehörten neben Regierungs- und Konzernvertretern (Daimler, Bertelsmann, BDI) auch der Zeit-Journalist Jochen Bittner. Der selbe Jochen Bittner verfasste dann Anfang Februar einen Artikel für die gedruckte Ausgabe der Zeit, der den angestrebten Wechsel in der deutschen Außenpolitik wohlwollend beschrieb.“

Es geht um diesen Artikel, dessen zweiter Autor auch noch Zeit für Nebenjobs hat, die von seinem Hauptjob nicht allzu weit entfernt sind (siehe die Autorenliste bei diesem PDF, bitte scrollen). Als Experten haben die Telepolis-Autoren den Medienwissenschaftler Uwe Krüger rekrutiert, der seit seinem Buch „Die Meinungsmacht“ dafür bekannt ist, was er von in obrigkeitsnahen Netzwerken mitmischenden Alpha-Journalisten hält. Kröger sagt:

„Ich sehe hier eine Doppelmoral im Hamburger Verlagshaus: Einerseits wird ein freier Journalist wegen mutmaßlicher Befangenheit innerhalb von zwei Stunden gefeuert, andererseits sind festangestellte und leitende Redakteure der Zeit in vertrauliche Politikplanungsprozesse eingebunden und schreiben dann über diese Politik, ohne dass das transparent gemacht wird.“

Jedenfalls liegt die These nicht fern, dass die journalismusethische Argumentation in der Sache Gathmann nicht viel mehr war als Folklore.

[+++] Die aktuelle Ausgabe der gedruckten Zeit ist im Übrigen eins der sehr vielen Indizien dafür, dass zum Fall Hoeneß immer noch nicht alles gesagt ist. Drei Texte auf eineinhalb Seiten sind im Blatt, darunter einer von Peter Kümmel, der unter Rückgriff auf Robert Pfaller und Jürgen Habermas „auf die Kunst des Volksschauspielers Uli Hoeneß“ blickt. Andernorts, nämlich im Freitag, kritisiert Jens Weinreich, dass sich zuwenig Journalisten mit „Vetternwirtschaft“ in der „Parallelgesellschaft“ Sport bzw. Fußball beschäftigen. Unter anderem kommt der (in diesen Tage oft erwähnte) einstige „Geheimvertrag“ des  FC Bayern „mit dem TV-Rechtehändler Leo Kirch“ zur Sprache. Weinreich weiter:

„Es gibt andere Beispiele. Das alles hat System. Es ist ein über viele Jahrzehnte währendes Kartell, in dem immer dieselben Personen und Firmenkonglomerate reüssierten – protegiert von der Politik, nicht nur von Christsozialen. Viele dieser Vorgänge wurden in zu wenigen Medien umfangreich dokumentiert.“

Dietrich Leder geht für die Funkkorrespondenz (in einer verlängerten Fassung seiner hier bereits am Dienstag zitierten Kolumne) auf einen weiteren Aspekt aus dem Komplex „Hoeneß und die Medien“ ein:

„Erst das Fernsehen machte aus Ulrich Hoeneß (eine) Medienmarke (...) Was dazu führte, dass ihn das Fernsehen seither auch außerhalb des Sports hofierte und ihn zu jedem und allem befragte (....) Die eigene Rolle hat das Fernsehen in diesen Tagen des Hoeneß-Hypes nicht angesprochen, geschweige denn kritisch aufgearbeitet. Auch steht zu vermuten, dass die Grauzone aus TV-Geldern, Werbeetats, Transferzahlungen und Gehältern für Spieler nicht ausgeleuchtet wird, woraus möglicherweise die Gelder auf ein Schweizer Konto gewandert sind, mit denen Ulrich Hoeneß spekulierte.“

Sowohl Weinreichs als auch Leders Text laufen letztlich auf die Frage zu, ob die Medien über Personen, mit denen sie teilweise geradezu symbiotisch verbunden waren (Hoeneß), oder Systeme, mit denen sie es weiterhin sind (Fußballwirtschaft) überhaupt adäquat berichten können.

Kommen wir zu den aktuellen Weiterdrehern der Hoeneß-Recherchen. Da fällt vor allem eine Passage aus dem Stern auf, in der sich Redakteur Johannes Röhrig zu den Umständen dieser Recherche äußert. Es geht um eine wichtige Quelle:

„Das Gespräch ist ein Risiko für den Informanten. Zum Schutz muss er anonym bleiben. Nicht einmal das Geschlecht kann offenbart werden (...) Es ist zwecklos, nach diesem Menschen zu suchen. Die Verabredung zu dem Gespräch wurde über Prepaid-Handys getroffen, die auf Fantasienamen angemeldet sind. Die Anreise geschah unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen (...)"

Irgendwie scheint es also um Leben und Tod zu gehen. Die Macher des schon geplanten Hoeneß-Dokudramas (Altpapier) werden sich jedenfalls freuen über solche Anregungen.

[+++] Von Ulrich Hoeneß zu einer anderen öffentlichen Figur, die in den vergangenen Wochen lieber weniger in der Öffentlichkeit gestanden hätte: Sebastian Edathy. Jan Fleischhauer greift in seiner Spiegel-Online-Kolumne die Kritik des stellvertretenden Regierungssprechers Georg Streiter am aktuellen Spiegel-Interview mit Edathy auf:

„‚Ich weiß nicht, was mich nun fassungsloser macht - die von Sebastian Edathy eingenommene Opferrolle oder dass ihm der Spiegel  dafür eine Plattform bietet‘, schrieb (...) Streiter am Wochenende auf Facebook. Wer einem Mann wie Edathy die Gelegenheit zur Erklärung oder Erwiderung gibt, macht sich der Rechtfertigung der ihm zur Last gelegten Taten schuldig - das ist im Kern die Aussage. Diese Verantwortungsverlagerung wird nicht einmal bei einem Massenmörder wie dem syrischen Diktator Assad geltend gemacht. Offenbar ist es für die moralische Bewertung ein Unterschied, ob man Kinder umbringt oder auf Fotos oder Filmen nackte anguckt.

Dann wird Fleischhauer grundsätzlicher:

„Wir werden gerade Zeugen einer aufregenden gesellschaftlichen Neubestimmung der Grenzen der Privatheit. Das Verwirrende an dieser Debatte ist, dass sie zeitgleich mit der Diskussion über den Staat als Stalker stattfindet, ohne dass irgendwelche Rückschlüsse gezogen werden. Es sind zum Teil sogar dieselben Leute, die für den radikalen Schutz der Privatsphäre eintreten, wo es um die Überwachung zur Terrorabwehr geht, und gleichzeitig die totale Ermächtigung des Staates bei der Verfolgung sexual devianten Verhaltens fordern.“

Nils Minkmar nimmt im heutigen Feuilleton-Aufmacher der FAZ ebenfalls Bezug auf das Spiegel-Interview mit Edathy. Der FAZ-Redakteur sieht vieles ähnlich wie Fleischhauer, aber nicht alles. Er, Minkmar, verweist auf die Argumentation Edathys, dass die auf den von ihm erworbenen Fotos „abgebildeten Kinder eben nicht gezwungen, gequält und vergewaltigt wurden“ Dem enthält der Journalist entgegen, dass die Fotos ja nur entstehen konnten, weil das Vertrauen der Abgebildeten auf fatale Weise missbraucht wurde:

„Das Problem ist, dass die schönen Bilder auf dieser Seite des Rechners nicht zu haben sind ohne das Grauen der Umstände ihrer Produktion und die finsteren Machenschaften der Mittelsmänner, von denen die Welt wirklich nicht noch mehr braucht. Das mögen genügend Zwischenschritte sein, damit der User, beispielsweise Herr Edathy, straffrei bleibt; aber es ist eine ausreichend enge Verbindung für eine moralische Verurteilung.“

[+++] Im Neuen Deutschland ärgert sich Chefredakteur Tom Strohschneider über die Borniertheit und/oder Denkfaulheit von Journalisten, zu deren Aufgabenbereich das Schreiben über rot-rot-grüne Perspektiven gehört. Anlass des Beitrags sind Reaktionen auf Strategiepapier der Partei Die Linke:

„Erstens wird sehr prägnant deutlich, wie das Raster beschaffen ist, durch das eine ‚rot-rot-grüne Annäherung‘ in den Augen der veröffentlichten Meinung erst einmal hindurch muss: Zu ändern hat sich die Linkspartei, sie muss sich ‚öffnen‘ oder von Positionen Abstand nehmen. Anders kann eine rot-rot-grüne Perspektive offenbar nicht begriffen werden (...) Nun schreiben die beiden Linksfraktionsvize nicht viel anderes, als man erwarten kann - von Parteipolitikern und von Leuten, die ihren Anspruch einigermaßen ernst nehmen. Es geht ihnen, Achtung: ‚um eine andere Politik und nicht um abstrakte Regierungsoptionen‘. Doch man liest dann in den Zeitungen entweder, die ‚Linke Wagenknecht verschreckt SPD und Grüne‘ (...) Oder das Papier wird mit der Überschrift ‚Keine schnelle Öffnung zur SPD im Bund‘ vergoldet.“

Das Problem daran sei, meint Strohschneider,

„dass auf solche Weise so etwas wie hegemoniales Denken mitgeprägt wird - und nicht nur ein paar Zeitungsleute, sondern inzwischen ja auch eine Mehrheit glaubt, Rot-Rot-Grün sei nur zu denken als Anpassungsleistung der Linkspartei an die Vorgaben vor allem der SPD (...)“

[+++] Mit anderen Schwächen in der Politikberichterstattung beschäftigt sich Matthias Kolb bei süddeutsche.de. Ihn ärgert die leichtfertige und sachlich falsche Verwendung des Begriffs „Kalter Krieg“. Der sei nun mal klar als Systemkonflikt definiert, und davon könne in der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen ja keine Rede sein kann:

„Um Ideologie im klassischen Sinne geht es (...) nicht mehr, sondern um Machtansprüche, verletzten Stolz und unterschiedliche Interpretationen des Völkerrechts.“

Außerdem seien „die Volkswirtschaften eng verknüpft“ - was nett formuliert ist, es lässt sich natürlich auch deftiger sagen (siehe Abfall aus der Warenwelt).

[+++] Zum gestrigen Altpapier-Aufmacherthema - den Plänen des HR, eine neue „Tatort“-Ermittlerin nach der ermordeten deutsche Jüdin Selma Jacobi zu benennen - hat heute der frühere Kulturstaatsminister Michael Naumann beizutragen. Er findet die Idee „völlig verrückt“:

„Warum nicht gleich Anne Frank?“,

fragt er im Tagesspiegel, also jener Zeitung, die das Thema aufgebracht hat.

Und so geht das große Finale des Naumann-Textes:

„Vielleicht erinnert sich irgendjemand in der Intendanz des Hessischen Rundfunks daran, dass es die Nazis waren, die das Recht durchsetzten, allen jüdischen Opfern des Rassismus einen jüdischen Vornamen in den Pass zu setzen, der sie als Verfemte und dem Tod Geweihte auf jeder Polizeidienststelle kenntlich machte. Es ist diese unvergessene Anmaßung, über Namen zu verfügen, die auch in ihrer gut gemeinten Variante daran erinnert, dass Deutschland immer noch ein Tatort ist und bleiben wird."

Katharina Riehl bemerkt auf der SZ-Medienseite, dass man sich beim HR „auch einen Tag nach der laut gewordenen Kritik für ‚eine kleine Geste gegen das Vergessen‘ lobt“- und geht auf die auch von Naumann genüsslich zitierte Formulierung der HR-Fernsehspielchefin Liane Jessen ein, sie jedenfalls „wäre glücklich in meinem Grab, wenn auf diese Art und Weise an mich erinnert werden würde“. Dazu Riehl schnippisch

„Dieser Satz, zumindest, dürfte unvergesslich sein.“


ALTPAPIERKORB

+++ Richard Gutjahr stellt in seinem Blog ein neuartiges Micropayment-System vor, an dessen Entwicklung er selbst beteiligt war. Es heißt Later-Pay, funktioniert ähnlich wie der Anstrich auf einem Bierdeckel und soll um Lichtjahre benutzerfreundlicher sein als alles, was man an Bezahlsystemen sonst so kennt.

+++ „According to a secret document provided by NSA whistleblower Edward Snowden, the agency tracks down the private email and Facebook accounts of system administrators (or sys admins, as they are often called), before hacking their computers to gain access to the networks they control“ - The Intercept über neues Material des weltberühmten Whistleblowers.

+++ „Wussten die großen IT-Unternehmen, dass die NSA mit den Überwachungsprogrammen Prism und Upstream Daten ihrer Nutzer ausspähte? Geschah es gar ‚in vollem Wissen und durch Zuarbeit der Unternehmen, von denen die Daten abgerufen wurden‘? Rajesh De, der Justitiar der NSA, hat darauf jetzt eine schlichte Antwort gegeben: ‚Ja.‘“ Das schreibt die FAZ heute auf ihrer Medienseite, und inhaltlich ist das bemerkenswert, weil die Internet-Konzerne ja bisher das Gegenteil behauptet haben. Der Artikel bezieht sich auf Recherchen des Guardian.

+++ Freddy Langer nimmt auf der Buchrezensionsseite der FAZ (Seite 10) das Erscheinen eines Robert-Lebeck-Bildbands zum Anlass, den langjährigen Stern-Fotografen, der heute 85 Jahre alt wird, zu würdigen: „Nie hat Lebeck sich von großen Namen korrumpieren lassen, obwohl die Liste derer, die er fotografiert hat, einem Who’s who der Zeitgeschichte gleicht. Vielmehr sind die Aufnahmen geprägt von einer Unaufgeregtheit, hinter der sich Welt- und Lebenserfahrung verbergen. ‚Keine Kinkerlitzchen‘, nannte Lebeck einmal das Motto seiner Arbeit.“

+++ Um das in dieser Kolumne schon mehrmals - beispielsweise gestern - aufgegriffene Ende der Zeitschrift De:Bug geht es heute auf der SZ-Medienseite. Jens-Christian Rabe schreibt, es habe nicht an der Auflage gelegen, sondern an den Anzeigen: „Wie konnte es so weit kommen? Ganz einfach, sagt (Mitgründer) Sascha Kösch, man habe im vergangenen Jahr schlicht die Unterstützung der Media-Agenturen verloren. Media-Agenturen streuen für große Unternehmen deren Etats in die Medien: ‚Es gab und gibt da also auch Geld für sogenannte spitze Zielgruppen wie unsere Leserschaft, nur werden die inzwischen im Netz gesucht und nicht mehr in Printmedien.‘“

+++ Zum Start des am Donnerstag hier im losen Zusammenhang erwähnten Telekom-Musikmagazins Electronic Beats als Kaufzeitschrift auf dem deutschsprachigen Markt schreiben die Blogrebellen: „Es ist schwer, im Zuge eines solchen Produkts von Journalismus zu sprechen (...) Musikjournalisten und Blogger, die sich täglich da draußen behaupten und immer auch ein Stück selbst ausbeuten, um Musiker, die weniger bekannt sind, kompromisslos voranzubringen, werden auf diesem Markt keineswegs eine Zukunft haben. Es sei denn, man sucht sich einen Sugar Daddy wie die Deutsche Telekom und spielt das Spiel mit.“

+++ In der Funkkorrespondenz geht es heute um einen in dieser Detailliertheit bisher nicht aufgegriffenen Aspekt der letztwöchigen Mininsterpräsidentenbeschlüsse. Zur „Neufassung des ARD-internen Finanzausgleichs“, die vorsieht, dass Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk statt „zusammen bisher 1,0 Prozent des jährlichen Netto-Beitragsaufkommens der ARD“ künftig 1,6 Prozent davon bekommen, schreibt Volker Nünning: „Um die Ausgleichsmasse (...) aufzustocken, muss der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag von den Ländern entsprechend geändert werden. In diesem Vertragswerk ist auch die vorgesehene Senkung des Rundfunkbeitrags um 48 Cent auf 17,50 Euro pro Monat zu verankern (...) Die Beitragsreduzierung im Frühjahr 2015 und die Neuregelung des ARD-Finanzausgleichs zum 1. Januar 2017 werden nur gültig, wenn alle 16 Landesparlamente den novellierten Staatsvertrag verabschieden. Damit sind beide Punkte aneinander gekoppelt – ein strategisches Junktim, das Bremen und Saarland bei den Verhandlungen durchgesetzt haben.“

+++ Über die Twitter-Sperrung in der Türkei informiert unter anderem die taz.

+++ Dass dem SZ-Magazin eine Karikaturendebatte bevorsteht, mit der das Mutterblatt schon konfrontiert war, ist nicht auszuschließen.

+++ Was bedeutet die für 2015 „die geplante Zerschlagung“ des israelischen Staatsfernsehens IBA? Zweierlei: „eine Vernichtung von 1800 Arbeitsplätzen im Namen der ‚Verschlankung‘ eines angeblich aufgeblähten Apparats; und es ist auch der Versuch, das vermutlich bedeutendste Medium für eine eigene israelische Identität abzuwickeln“, schreibt der IBA-Nachrichtenmoderator David Witzthum in der Jüdischen Allgemeinen.

+++ Im Zeichen des Grimme-Preises, deren Gewinner seit Mittwoch bekannt sind (siehe Altpapier), steht die aktuelle Ausgabe von epd medien. Auf neuneinhalb Seiten sind die Begründungen der Jurys dokumentiert, und auf zwölfeinhalb beschreiben Juroren die Debatten im Detail. Journalisten, die Tränen darüber vergossen haben, dass UMUV nicht bepreist wurde, können bei Sybille Simon-Zülch nachlesen, dass den Jurymitgliedern die „Stilisierung der Elterngeneration zu Opfern“ und die „historisch-politisch plumpe Oberflächkeit“ missfiel.

+++ Mehr Grimmeskes: In der taz lobt David Denk die Unterhaltungsjury: „Man kann (...) mit Recht sagen, dass der Grimme-Preis dem ZDF in Sachen Nachwuchs- und Qualitätsförderung deutlich voraus ist.“

+++ Heute im Fernsehen: Christian Buß (Spiegel Online) ist angesichts der dritten Staffel von Martina Hills Comedy-Format „Knallerfrauen" (Sat 1) ziemlich aus dem Haus.

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.