Trägt das Dokudrama „Eine mörderische Entscheidung“ den falschen Titel? Was wird aus dem Widerstand in Nordkorea bzw. der Spiegel-Printredakteure? Außerdem: die Phantasmen einer Betonmischerin; was das TV-Duell mit „Wetten, dass ...“ zu tun hat; warum man Klaus-Lemke-Filme durchaus auch doof finden kann. Und für Freunde neuer bzw. recht unverbrauchter Begriffe haben wir heute im Angebot: Onlinist, Empathie-Weltmeister, Peter-Prinzip, 40minus-Format.
Matthias Brandt tritt heute gewissermaßen gegen Pep Guardiola an: Der eine spielt einen mörderischen Entscheider, der andere will den Supercup gewinnen, weshalb Zeitgenossen, die der TV-Schauspielkunst so sehr zugeneigt sind wie der Fußballspielkunst, heute die Qual der Wahl haben. Die wird freilich dadurch abgeschwächt, dass das Dokudrama „Eine mörderische Entscheidung“, das auf arte heute Premiere hat, am Mittwoch noch einmal in der ARD läuft. Dass es zum Duell zwischen Brandt und Guardiola kommen wird, werden die Programmplaner geahnt haben, als sie den Sendetermin festsetzten. Dass Raymond Leys Film, in dem Brandt den Protagonisten spielt, durch weltpolitische Umstände aufgeladen wird, konnten sie nicht wissen.
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Das Dokudrama will „die größte Katastrophe deutschen militärischen Handelns nach dem Zweiten Weltkrieg aufblättern“ (Nikolaus von Festenberg/Tagesspiegel), es geht also um das Massaker von Kunduz, um einen dieser Kollateralschäden einer dieser als im Prinzip humanitär verkauften Militäreinsätze, und der eine oder andere Zuschauer wird sich daher fragen, welche Kollateralschäden und Folgen wohl die drohende Ausweitung des Krieges in Syrien mit sich bringen wird. Der zitierte von Festenberg lobt Leys Film sehr:
„Die Figur des Hauptverantwortlichen, Oberst Georg Klein, hat (...) sich (Ley) wohl moralisch angreifbarer vorgestellt, als einen emotionslosen Bürokraten. Aber er besetzte die Rolle mit Matthias Brandt und der ist ein schauspielerischer Anwalt der Gefühle von scheinbar verschlossenen Männern. ‚Die Selbstzweifel, die Klein plagen, bringt Matthias Brandt so außerordentlich gut rüber, dass ich manchmal befürchtete, er ist im Kern zu sympathisch für diese Rolle‘, sagt Ley. Die Abwehr jeglicher Voreingenommenheit hat dem Afghanistan-Spiel gutgetan. Sie rückt das Geschehen ins Tragische, entschuldigt aber nichts, sondern steigert die Verzweiflung. Kein richtiger Schurke magnetisiert die Wahrnehmung und lenkt durch Mystifikation vom Leiden der Opfer ab. Aber auch kein Zynismus, der sich an Explosionen und Leichen berauscht und der vermeintlichen Zuschauergewissheit folgt: Wo Krieg ist, feiert der Tod, wie gemütlich ist es doch vor dem Fernseher.
Stephan Löwenstein (FAZ, Seite 39) sieht den Film zwiespältig:
„Obwohl die Spielszenen wie auch die rein dokumentarischen Teile plausibel und seriös sind, bleibt ein Unbehagen angesichts der Kunstform des Dokudramas (...) Am leichtesten festmachen lässt es sich am Titel: ‚Eine mörderische Entscheidung‘ enthält ein Urteil, zu dem nicht einmal die Staatsanwaltschaft gekommen ist, geschweige denn, dass ein Gerichtsurteil vorläge (...) Durch den Dokumentanteil erhebt auch die Fiktion Anspruch auf Wirklichkeit. Dabei kommt der Film selbst nicht einmal zu dem eindeutigen Urteil, das der Titel suggeriert. Er beschreibt eine tragische Gemengelage aus kriegerischer Zuspitzung, äußerem und emotionalem Druck, unzulänglicher, falscher oder gar gefälschter Information, die zu einer folgenreichen, falschen Entscheidung führt – aber nicht zu einem kaltblütigen Mord. Jedenfalls: Um den Bundeswehreinsatz künstlerisch zu verarbeiten, wäre eine realistische, aber reine Fiktion angemessener gewesen.“
Man kann sich hier des Eindrucks nicht erwehren, dass filmkritische Argumente nicht um ihrer selbst willen, sondern aus politischen Motiven vorgebracht werden.
Die umfänglichste Rezension hat Torsten Körner für die Funkkorrespondenz geschrieben, und sein Text macht deutlich, dass der Film differenzierter und komplexer ist als Löwensteins Kritik vermuten lässt:
„Der Film (stützt sich) in den entscheidenden Szenen auf amtliche Protokolle, (fiktionalisiert) aber gleichwohl den Entscheidungs- und Spielraum in jener verhängnisvollen Nacht, indem er uns die Kommandozentrale vor Augen stellt, das Geschehen noch einmal durchspielt, es verdichtet zum Hochdruckkammerspiel. Der Zuschauer wird vermeintlich Augenzeuge, letztlich Tatbeteiligter, weil er sich zu dem Geschehen verhalten muss. Kann man nachvollziehen, dass Oberst Klein so handeln musste, oder ruft sein Befehl, die Bomben zu werfen, nur Abscheu hervor?“
Viel Raum in Körners dreiseitigen Text nimmt eine „eine mehr als halbstündige Passage“ ein,
„die die Entscheidungsphase rekonstruiert, die im Wechselschnitt das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven montiert (...) Die Kamera springt hin und her zwischen den Dorfbewohnern, die mit Benzinkanistern bei den festgefahrenen Tanklastern Schlange stehen, um den kostbaren Treibstoff zu ergattern, sie wechselt in die militärische Kommandozentrale, wo sich Klein und seine Offiziere eine Entscheidung abringen (...) Diese halbe Stunde im Entscheidungsraum gehört sicherlich zu den spannungsvollsten Passagen des Fernsehjahres, weil sie den Entscheidungsprozess denkwürdig komplex gestalte.“
Ähnlich wie von Festenberg („Wo Krieg ist, feiert der Tod, wie gemütlich ist es doch vor dem Fernseher“, siehe oben) beschäftigt sich auch mit der Kriegsfilm-Rezeption von TV-Zuschauern:
„Der Film ermöglicht es uns, auf eine sperrige Weise über Verantwortlichkeiten nachzudenken. Eine unbezweifelbare Qualität. Auch dass sich der Film der Opfer annimmt und ihnen seine Empathie schenkt, ist verdienstvoll und aufklärerisch. Nur, Bildschirm-Empathie kostet nichts. Höchstens den Rundfunkbeitrag. Was machen wir mit dieser Empathie? Handeln? Weiter nachdenken? Sind wir die Empathie-Weltmeister?“
[+++] Zu den aktuellen Kriegsereignissen in Syrien: Jens Berger (Nachdenkseiten) findet, die hiesigen Medien berichteten zu einseitig über die Frage, wer hinter dem Giftgas-Anschlag steckt, der nun der Anlass für einen Kriegseintritt der USA sein könnte:
„Zweifel an der US-Version werden (...) in den deutschen Massenmedien nicht geäußert. Gibt es denn wirklich keine Zweifel? Doch, wenn man sich abseits der Massenmedien informiert, stößt man unweigerlich auf eine ganze Schar von Indizien, die gegen die ‚offizielle‘ US-Version sprechen.“
Positiv erwähnt Berger eine Zeitung, die sich einerseits nicht „abseits der Massenmedien“ verorten lässt, andererseits kein deutsches Massenmedium ist: die Basler Zeitung.
[+++] The Spiegel-Show must go on! Am unterhaltsamsten geschieht das heute auf der Seite Drei der SZ - wobei es sehr verkehrt wäre, den Artikel von Claudia Fromme, Alexander Gorkow und Ralf Wiegand auf seine Unterhaltsamkeit zu reduzieren. Erst einmal nimmt das Trio den aktuellen Schlamassel zum Anlass, den Hamburger Kollegen noch einen überzubraten wegen der Zeitungszukunftsdebatte von neulich, die mit einer Cordt-Schnibben-Geschichte begann (siehe, nur zum Beispiel, dieses und dieses Altpapier):
„In der Redaktion war sie umstritten. Wie kann man sich über Zeitungen erheben, väterlich über Auflagen- und Anzeigenrückgänge befinden, und die eigene Situation ausblenden, als gäbe es keine Krise bei den Nachrichtenmagazinen? Als wäre die verkaufte Auflage nicht in den vergangenen zehn Jahren um fast 18 Prozent zurückgegangen? Die Alleserklärer aus Hamburg stehen nun selber ratlos da. Sie finden keine Antwort auf das beispiellose Chaos im eigenen Laden. Die Deutungshoheit haben plötzlich andere, der Spiegel liegt auf dem Operationstisch und eine Branche gefühlter Spiegel-Chefredakteure kommt zur Visite.“
Falls jemand verpasst haben sollte, was die „gefühlten Spiegel-Chefredakteure“ so alles diagnostiziert haben: Sämtliche Altpapiere, die zwischen dem vorvergangenem Donnerstag (nachdem bekannt geworden, dass der stellvertretende Bild-Chefredakteur Nikolaus Blome zum Spiegel wechseln soll) und dem gestrigen Donnerstag erschienen sind, geben darüber Aufschluss. Selbst für jene, die das alles gelesen haben, lohnt es sich noch, dem Zeitungsdealer des Vertrauens heute 2,50 Euro für die SZ in die Hand zu drücken. Die zentrale Figur in dem Artikel ist der Mann, der den Schlamassel ausgelöst hat, also der künftige Chefredakteur:
„Wolfgang Büchner hat in einer Online-Konferenz gesagt, dass er ‚Nord- und Südkorea' beim Spiegel vereinen will. Print ist Nordkorea. Eine Diktatur selbstbesoffener Meinungen. Südkorea ist dagegen das Tor zur Welt. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie das bei den nordkoreanischen Kollegen vom gedruckten Spiegel ankommt (...) Redakteure berichten, sie seien ‚fassungslos' gewesen, dass Büchner nach den Tumulten bei der Montagskonferenz mit einem Kollegen der Online-Redaktion essen gegangen sei. Eine Kollegin weint am Telefon.“
Damit hat es sich aber keineswegs mit der Kritik an Büchner, die Münchener verpassen ihm noch einen empfindlichen Tritt in die Weichteile:
„Menschliche Härte gehört absolut zur Jobbeschreibung eines Spiegel-Chefredakteurs. Es gab aber selten Typen, die so profillos waren wie Wolfgang Büchner und trotzdem Machiavelli gespielt haben (...) Ein Redakteur sagt (...), Büchner sei der modernste Exponent des ‚Peter-Prinzips' - das zurückgeht auf einen Klassiker der Management-Literatur und besagt, dass jeder Hierarch so lange befördert wird, bis er das maximale Ausmaß seiner Unfähigkeit erreicht hat.“
Das Peter-Prinzip war bei Verlagsmanagern lange Zeit durchaus beliebt, man hatte allerdings in den jüngeren Vergangenheit den Eindruck, dass es etwas aus der Mode gekommen ist (möglicherweise, weil man in Krisenzeiten dann doch lieber nach anderen Prinzipen handelt).
Petra Sorge lobt in ihrer Cicero-Medienkolumne die Spiegel-Mitarbeiter:
„Wenigstens gab es den Mut zu Widerstand. (Man) sollte (...) doch über Journalisten, die den Mund aufmachen, froh sein.“
Gerichtet ist dies an Journalisten, die es nicht so gut finden, wenn ihresgleichen den Mund aufmacht. Darauf, dass jene, die beim Spiegel den Mund aufgemacht haben, nicht das erreicht haben, was sie wollten, geht David Denk bei taz.de ein.
„Es waren die Printredakteure, die gegen Blome und Büchner kämpften. Und auch wenn ihre Rebellion letztlich gescheitert ist, freut sich ein altgedientes Redaktionsmitglied darüber, dass der ‚privilegierte Dämmerschlaf der Luxusexistenzen‘ vorerst beendet und das politische Bewusstsein wieder erwacht sei.“
All die anderen Aspekte, die mit der Mitarbeiter KG und, um das SZ-Bild wieder aufzugreifen, dem Krieg zwischen Nord- und Südkorea zu tun haben, kommen in dem Artikel ebenfalls vor, desgleichen bei Roland Pimpl (horizont.net), der folgendes Zwischenfazit zieht:
„Falls sich durch mögliche KG-Rücktritte oder -Neuwahlen nicht wieder alles ändert und Büchner/Blome tatsächlich antreten, wird es eine ganz andere Frage sein, wie es beide dann künftig im Arbeitsalltag schaffen wollen, ihre zahlreichen Bezweifler und Gegner in der Redaktion zu überzeugen, einzubinden, ruhig zu stellen - oder zu verabschieden.“
Ein überflüssiges Fass hat gestern die SZ-Redakteurin und Rudolf-Augstein-Erbin Franziska Augstein aufgemacht, als sie sich im Deutschlandfunk-Interview (Zusammenfassung bei meedia.de) zur Arbeit der Online-Redakteure an der Ericusspitze, also der Südkoreaner, äußerte:
„Jemand, der Nachrichten raushauen muss, wie ein Dampfkocherhitzer Wasser zum Kochen bringt, der hat keine Möglichkeit, jemals nachzudenken, der hat auch keine Möglichkeit, irgendwie mal ein bisschen zu recherchieren.“
Wie kommt eine leitende Redakteurin der renommiertesten deutschen Tageszeitung - die im eigenen Blatt heute im Übrigen „Betonmischerin alter Meinungshoheiten“ genannt wird - und Mitbesitzerin der renommiertesten Wochenzeitschrift zu solchen „Phantasmen“? Letztere Einschätzung stammt vom Printredakteur Bernd Ulrich (Die Zeit), der das Augstein-Interview zum Anlass nimmt, sich zu einer Art Online-Redakteur ehrenhalber bzw. zum „Onlinisten“ zu ernennen.
In mancher Hinsicht zum aktuellen Spiegel-Komplex passt die Personalie, dass der frühere Bild-Zeitungs-Vizechef Sven Gösmann neuer Chefredakteur der dpa wird (epd/Kölner Stadt-Anzeiger). Zum einen, weil er Büchner ersetzt, zum anderen, weil damit eine weitere ehemalige Bild-Führungskraft in eine Spitzenposition bei einem mutmaßlich nicht bildzeitungs-mäßigen Medienunternehmen gelangt. Bei der Rheinischen Post, wo Gösmann derzeit noch als Chefredakteur wirkt, ist er durch eigene Texte nicht sonderlich aufgefallen - von jährlichen Grundsatzkommentaren zu seinem Lieblingsklub, dem FC Bayern, mal abgesehen. Einerseits muss ein Chefredakteur natürlich nicht viel schreiben, andererseits fällt auf, dass es in dieser Hinsicht Gemeinsamkeiten zwischen Büchner und ihm gibt.
[+++] Sehr Substanzielles über die Bild-Zeitung findet man aktuell in zumindest zwei Artikeln. Im Zeit Magazin ist ein posthumes Porträt des früheren Bild-Mitmischers und späteren Trash-TV-Produzenten Günter Stampf erschienen, der sich 2012 umbrachte:
„Er galt einmal als der Wonderboy des deutschen Boulevardjournalismus, genauer: als einer vor zwei Wonderboys. Der andere war Kai Diekmann, der Bild-Chefredakteur. Sie arbeiteten beide bei Bild, bei der Bunten, später wieder bei Bild (...) Sie waren immer auf der Suche nach der nächsten Story, immer besser als die vorige, schräger, brutaler, aufrüttelnder (...) Sie waren Lebemänner und Arbeitstiere. Und sie galten als unseriös, bis über alle Grenzen hinweg. Bei Diekmann ging es immer weiter, bloß liefert er heute andere Dinge, sie nennen sich Konzepte zur Rettung des Journalismus, er hat sie kürzlich aus Kalifornien mitgebracht. Bei Stampf jedoch (...) stockte es irgendwann.“
Das ist fein - einfach mal implizit die Frage in den Raum zu stellen, die man nicht oft genug stellen kann: Warum ein Unseriösling plötzlich als seriöser Konzeptlieferant wahrgenommen wird. Außerdem schreiben Stephan Lebert und Daniel Müller:
„ (...) als Günter Stampf 2012 starb, war das Bild nicht mal eine Nachricht wert (...) Günter Stampf war ein nicht vorhergesehener Betriebsunfall in einem Betrieb, der zur Selbstanamnese unfähig ist."
Und dann gibt es noch einen Bildblog-Beitrag darüber, dass „das Sabbern ein Ende“ hat, zumindest insofern, als „seit gestern Nacht sämtliche Artikel zum ‚Lolita-Skandal‘ aus den Online-Portalen von B.Z. und Bild verschwunden (sind)“. Es geht dabei um mehrere selbst für B.Z- und Bild-Verhältnisse bemerkenswerte Artikel, in denen Fußballprofis von Hertha BSC eine Rolle spielen. Wäre beim Spiegel derzeit alles ruhig, hätte die Causa (siehe meedia.de) in den letzten Tagen auf den Medienseiten wahrscheinlich sehr viel Platz eingenommen. Bildblog schreibt nun:
„Auf Anfrage teilte uns der Anwalt der Eltern des Mädchens mit, dass er eine einstweilige Verfügung gegen die Berichterstattung erwirkt habe. Insbesondere die vermeintlichen Schilderungen, Auszüge aus Protokollen und die Fotos des Mädchens dürfen nicht mehr verbreitet werden. Das Landgericht Berlin folgte der Argumentation des Anwalts, dass keine Genehmigung der Eltern vorlag. Das allein sei schon ein grober Verstoß gegen das Presserecht.“
+++ Joachim Hentschel hat für SZ- „Breaking Bad“-Erfinder Vince Giligan getroffen und blickt voraus auf das bevorstehende Ende der Serie - auf eine Weise, die auch ein „Breaking Bad“-Fan als überkandidelt empfinden kann: „Es wird jemand sterben. Jemand wichtiges, allerhöchstwahrscheinlich. ‚Breaking Bad‘ geht zu Ende, nach fünf Jahren und ebenso vielen Staffeln, mit der 62. und letzten Folge, am 29. September, um neun Uhr Eastern Daylight Time (...) Alle werden sich an den Händen halten am Abend des 29. September. Es wird eines dieser verbindlichen, weltweiten Live-Ereignisse, die es dem soziokulturellen Forschungsstand nach heute gar nicht mehr geben dürfte. Das letzte Harry-Potter-Buch ist ein Witz dagegen (...)"
+++ Aus anderen Gründen ein Held der Medienjournalisten und Feuilleton ist ja normalerweise Klaus Lemke. Man bzw. frau kann ihn aber auch doof finden. Lea Streisand schreibt in der taz anlässlich der „langen Klaus-Lemke-Nacht“ im ZDF: „Die Frauenfiguren in Lemkes Filmen sind nur in ihrem Verhältnis zu Männern relevant - nur als ‚das Andere‘. Deshalb laufen sie auch halbnackt durch die Gegend und wackeln mit dem Hintern, als hätten sie einen Hüftschaden. ‚Wo kommen Sie nur immer an die schönen Mädchen ran?‘, wird Lemke in jedem zweiten Interview gefragt. ‚Nun, schön?‘, hat er der Süddeutschen geantwortet. ‚Sie sind erstmal nur interessant. Schön werden sie erst durch mich.‘ Ist ein solcher Chauvinismus nicht (...) zum Kotzen?“
+++ Außerdem in der taz: Ulrich Gutmair über „Ein Apartment in Berlin“, Alice Agneskirchners „erhellenden Film“, der am Samstag läuft: „Vor ziemlich genau siebzig Jahren haben die Nazis begonnen, die Berliner Juden zu deportieren. Seit ungefähr sieben Jahren gibt es eine Einwanderungswelle junger Israelis nach Berlin. Alice Agneskirchner hatte angesichts dieser Umstände eine Idee: Wie wäre es, zusammen mit drei jungen Israelis eine Wohnung, in der einst eine jüdische Familie lebte, mehr oder weniger originalgetreu einzurichten?“
+++ Ganz anderes Fernsehen am Wochenende. Das Kanzlerduell, schreibt Altpapier-Autor Klaus Raab im Freitag (nicht online), sei „schlicht zum Medienritual geworden (...), und wie viele Rituale ist auch dieses saublöd und schon in Ordnung zugleich (...) Sinnvoll ist, in der Annahme einzuschalten, dass eh nichts passiert. Falls dann aber doch noch etwas passiert, kann man hinterher sagen: Ich war dabei. Fernsehduell ist alles in allem somit ein bisschen wie ‚Wetten, dass ...?‘“
+++ Mittlerweile online: das vor einer Woche hier zitierte Stefan-Raab-Riesenporträt aus der FAZ, das Marcus Jauer anlässlich des TV-Duells verfasst hat:
+++ Mehr aus der Was-mit-Wahlkampf-Kiste: Der Vorvorgänger Wolfgangs Büchners beim Spiegel, Stefan Aust, interviewt Angela Merkel und Peer Steinbrück eine Woche vor der Wahl für „mehr als 40“ Privatradiosender (radiowoche.de).
+++ Abgründe des Privatfernsehens (I): Spiegel Online berichtet über die Kritik von NGOs an „Reality Queens auf Safari“ („verstärkt allgemeinverbreitete Stereotype gegenüber dem ostafrikanischen Land Tansania ... und stellt die Menschen des Landes in einer rassistischen und diskriminierenden Form dar").
+++ Abgründe des Privatfernsehens (II): Nichts und niemand hat dem Image der Fußballfans in der jüngeren Vergangenheit stärkeren Schaden zugefügt als die Sport1-Dokusoap „Fantausch“ (Funkkorrespondenz; der Text ist von mir).
+++ Darüber hinaus in der Funkkorrespondenz: der Nachdruck eines 42.000- Zeichen-Interviews, das Lutz Hachmeister mit dem Dokumentarfilmregisseur Georg Stefan Troller für das Jahrbuch Fernsehen geführt hat (Disclosure: Ich bin in dem Buch ebenfalls als Autor vertreten). Troller steuert auch was Exklusives bei: „Wie ich meine Texte schreibe, ausknobele, wie das mit der Stoppuhr bis auf die halben Sekunden herunter durchgearbeitet ist, wie ich Dreisilber statt Viersilber einsetze, nur um einen Atemzug zu sparen, der zu viel wäre – darüber habe ich nie gesprochen, bis heute (...) Einmal habe ich einen Film gemacht, ‚Kopfgeldjäger‘. Die Hörzu hat den Kommentartext damals unter dem Namen eines Redakteurs oder Autors als Story publiziert, ein Plagiat. Ich beschwerte mich und der verantwortliche Mann bei der Hörzu sagte: ‚Das können Sie doch gar nicht nachweisen, Ihre Texte sind doch vorm Mikrofon improvisiert.‘ Wenn der gewusst hätte, wie wenig das improvisiert war, wie stark ich aber daran gearbeitet habe, dass es improvisiert klingt. Bis hin zu Kommentarpausen, damit Hundegebell durchdringen kann.
+++ Noch ein langes, aber nicht sooo langes Interview: Hans Hoff spricht für den journalist mit Sandra Maischberger (anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von „Menschen bei Maischberger“): „Jetzt sind Sie bei einer gepflegten Gesprächsrunde mit und für Senioren gelandet“ - „Das können Sie so sehen. Wir sehen das natürlich anders, weil wir die Reaktionen nicht nur von Senioren bekommen, sondern auch von anderen. Aber Talk an sich ist eine journalistische Form, die ein eher älteres Publikum anzieht (...) Das ist nicht nur ein 60plus-Format, (...) aber es ist auf jeden Fall kein 40minus-Format.“
Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.