Natürlich nicht ohne DuMont-Update: Der Patriarch schweigt nicht mehr, und sein Sohn kommentiert auch das. Außerdem: Das iranische Fernsehen führt gefangene deutsche Reporter vor.
Breaking News: "Große Freude im Verlag M. DuMont Schauberg in Köln", titelt der Kölner Stadtanzeiger aus dem Verlag M. DuMont Schauberg... Doch halt. Bevor wir zum Update der Neven DuMont-Saga kommen, die dank des gebrochenen Schweigens des Familienpatriarchen Interpretatoren neuen Spielraum eröffnete, muss aus aktuellem Anlass das Spektrum möglicher misshelliger Situationen ins Bewusstsein gerufen werden.
Einige der global misshelligsten Situationen überhaupt hängen mit dem Iran zusammen. Den beiden seit über einem Monat dort festgehaltenen, jetzt offiziell der Spionage beschuldigten Deutschen, die von bild.de inzwischen als "Reporter der Bild am Sonntag" bezeichnet werden, geht es vermutlich weniger schlecht als Sakineh Mohammadi Aschtiani, deren Umfeld sie interviewen wollten. Aber auch alles andere als gut.
Am Montag wurden sie im staatlichen Fernsehen vorgeführt. "Journalisten im Fernsehen vorzuführen, ist eine besonders perfide Form von Propaganda", meinen die Reporter ohne Grenzen. Ausschnitte der "demütigenden Fernsehbilder" (FAZ, S. 10) gibt es inzwischen als Reuters-Video auch auf deutschen Webseiten zu sehen, z.B. werbeumrahmt bei faz.net oder bei bild.de (bei tagesschau.de aber auch). Offensichtlich herrscht - begreifliche - Unsicherheit im Umgang damit. Die FAZ berichtet relativ ausführlich ("Eine rasche Abschiebung scheint in weite Ferne gerückt"), die Süddeutsche äußerst knapp in einer Randspalte mit dem Agenturensatz "Zudem wurden Bemerkungen gesendet, die zwei im vergangenen Monat verhaftete Deutsche gemacht haben sollen." Die Namen der Reporter bleiben weiterhin ungenannt.
Damit nach Köln, woher der etwas vergessene Begriff der "Misshelligkeit" gestern wieder ins Bewusstsein der Medienmedien schoss. Aufgebracht hat ihn der noch junge Literat, ansonsten aber betagte Mediendynastien-Patriarch Alfred Neven DuMont in einer "DuMont Depesche", mit der er auf die angesammelten Attacken seines Sohns Konstantin reagierte.
Wer die Depesche noch nicht kennt, dem empfehlen wir meedia.de, das sie nicht bloß im Wortlaut dokumentiert, sondern überdies auch noch im gestalteten Originallayout abbildet). Darin heißt es also:
"Wir, alle Mitarbeiter des Hauses, die Chefredakteure, Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und Verleger sind völlig unvorbereitet und ohne eigenes Hinzutun durch meinen Sohn Konstantin Neven DuMont, der seit mehreren Tagen beurlaubt ist und dessen Ämter und Funktionen ruhen, in eine misshellige Situation geraten.
Wir und auch meine Person wurden ja mit Eifer von lieben Kollegen anderer Zeitungen zu einem Lieblingsthema mit Fortsetzung auserkoren."
Diese "nicht ohne Humor" (Alfred Neven DuMont) gewählten, man könnte sagen gedrechselten Worte, wurden von den lieben Kollegen natürlich sogleich wieder auf ihren Goldwaagen gewogen.
"Mit der nötigen Ernsthaftigkeit und einer Prise Humor, wo es angebracht ist, vermittelt er sehr deutlich, wer der Herr im Hause M. DuMont Schauberg ist und es auch noch lange bleiben will" (dwdl.de). "Beobachter erwarten, dass der Sohn den Verlag verlassen muss" (FAZ-Wirtschaft, S. 16). "Wann rief ein Vater seinen Sohn vor versammelter Mitarbeiter–Mannschaft derart zur Raison?" (meedia.de). "Charmant und humorvoll formuliert, in der Sache aber eine Distanzierung vom Junior, die deutlicher nicht hätte ausfallen können" (sueddeutsche.de). "Alfred Neven DuMont reicht es jetzt offenbar" (Tagesspiegel).
Einer der vermutlich besten Kenner von Nuancen in Alfred Neven DuMonts Worten hat sich auch bereits geäußert: Konstantin Neven DuMont sprach mit Spiegel Online über das Schreiben seine Vaters. Was er sagte, klingt gewohnt enigmatisch ("schon okay", "praktisch ein Berufsverbot", "Will er mich auszahlen oder wie sonst stellt er sich das vor?"), wobei die von SPON beliebig gesetzten Absätze die Rätselhaftigkeit noch steigern. Schließlich stammt der Vergleich des Konflikts mit "'Die Buddenbrooks', gespielt von der Augsburger Puppenkiste", wohl von keinem Neven DuMont selbst, sondern einem ungenannten ihrer Mitarbeiter.
Die vielleicht beachtenswerteste aktuelle Darstellung der Lage stammt ausgerechnet von der Bild-Zeitung. Unter der Überschrift "Machtkampf um Traditionsverlag" kommt sie beim Beschreiben dessen, was die Neven DuMonts so tun, nicht gleich auf die so oder so kriselnden Pressetitel Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung, sondern erstmal auf Orhan Pamuk und Michel Houellebecq zu sprechen, deren Bücher teils im DuMont'schen Buchverlag zu haben sind.
Unter der Zwischenüberschrift "Verlagssohn brüskiert Vater öffentlich" verweist sie auf ihr eigenes, der Kölner Lokalausgabe Interview mit Konstantin vom Montag, und dann wirft sie auch noch die präzise Frage auf: "Vater und Sohn sprechen sich gegenseitig die Kompetenz ab - doch wer hat nun recht?"
Antwort: Kommt vielleicht später.
[listbox:title=Artikel des Tages[FAZ über im Iran gefangene Reporter##Alfred Neven DuMonts Depesche (meedia.de)##Was sagt Konstantin dazu? (SPON)##Die Bild-Zeitung darüber##Konstantin und Alfred im Video von 2009 (ksta.tv)##Warum die FAZ Red Bull gratuliert (Tsp.)]]
Wer nun noch tiefer in die faszinierende DuMont-Story einsteigen möchte, dem sei nochmal dieses zehnminütige Video aus dem Bestand des Kölner Stadtanzeigers empfohlen, das Christoph Schultheis in seinem Geschenkpapier-Altpapier versteckt hatte. Es zeigt eine Rede, die Konstantin Neven DuMont im Beisein seines Vaters hält, und ist fast genau ein Jahr alt. Mit dem gegenwärtigen Wissensstand lässt sich sehr sehr viel hineininterpretieren. Zum Beispiel könnte in Konstantins Augen eine Art Helge-Schneider-Schalk blitzen (und Helge Schneiders Erfolgsrezept besteht ja ungefähr darin, dass er erheblich intelligenter als die meisten anderen Comedians ist, das aber geschickt zu verbergen versteht), und Alfreds unbewegte Miene bietet noch mehr Interpretationsspielraum.
Abschließend noch der Hinweis, dass im Impressum des Kölner Stadtanzeigers als Herausgeber weiterhin Prof. Alfred Neven DuMont, Konstantin Neven DuMont und Christian DuMont Schütte genannt sind. Im Online-Impressum lassen sich gar alle Namen anklicken, sodass man ihnen eine E-Mail schreiben kann.
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+++ Falls Sie den allerersten Link hier heute nicht klickten: Freude herrscht im Kölner Du Mont-Zeitungsverlag über Auszeichnungen beim "European Newspaper Award" (wie auch in Berlin und Frankfurt). +++ Ganz Deutschland freut sich begeistert über seinen neuen Autorennweltmeister. Die FAZ freut sich ganz besonders, entdeckte der Tagesspiegel, und fragte nach. +++
+++ Joachim Huber (Tagesspiegel) vergleicht die Dramaturgie von Sat.1-Mittelalter-"Events" ("Die Wanderhure", "Die Säulen der Erde") mit derjenigen von Fußballspielen. "Sepp Herberger wusste: 'Die Leute gehen ins Stadion, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht.' Beim Mittelalter-Fernsehen wissen alle, wie ausgeht". Aber bei Fernsehfilmen, die nicht im Mittelalter spielen, da ist man immer ganz verblüfft von den raffinierten Dramaturgien? +++ "Wissen wir denn nicht genug über Fußball?" - "In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Wissensstand allgemein zu niedrig, finde ich..." (Die Funkkorrespondenz interviewt Jürgen "Kloppo" Klopp). +++
+++ Verblüffend vielleicht, dass zwischen Berlinerinnen und Müncherinnen relative Einigkeit beim Beurteilen der neuen Frauenzeitschrift "Fräulein" herrscht. Das Heft sei "eine ausgeruhte Stilexpertin, die selbst die das Netz nach Must-Haves durchforstenden Blog-Leserinnen für Papier gewinnen dürfte", so der Tagesspiegel. "Ein Gegenentwurf zu Grazia", dem bloß noch mehr Biss gut täte, so die Süddeutsche. +++
+++ "Die Internetgemeinde sollte Facebook für sein neues Angebot die Rote Karte zeigen" (FAZ-Wirtschaft). +++ Einer der das neue Facebook-Angebot sicher gut fände: "Der bin Laden des Internets", Anwar Al-Awlaki, den die Süddeutsche vorstellt. +++
+++ Die FAZ schaut auf befremdliche Entwicklungen im deutschsprachigen Ausland: Christoph Blochers neue Tätigkeit für die Basler Zeitung (siehe Altpapier gestern) und Abhörereien im Österreichischen Rundfunk (über die frei online die Süddeutsche berichtet). Und sie, die FAZ, führt ein kurzes Interview mit Hubert Burda, in dem es nicht um große Philosophie geht, sondern um die Einführung einer neuen "Multimedia-Reichweite". "Wir haben ja in Deutschland eine einzigartige Situation, dass alle großen Printverlage rechtzeitig ihre Marken aufs Netz genommen haben. Das sind bis zu zehn Millionen Unique User im Monat, die den Marken eine neue kommunikative Kraft gegeben haben. Das ist eine große Leistung, und sie muss als solche dargestellt werden", so Burda. Etwa das Gleiche äußert er frei online auch bei meedia.de. +++
+++ Die Berlin-Frankfurter DuMont-Presse, die ja auf das Medien-Topthema dieser Tage verzichten muss, behilft sich mit einem instruktiven Blick auf die Zukunft der sog. Netzneutralität nicht in den USA, sondern hierzulande (unter besonderer Berücksichtigung Vodafones). +++
+++ Und wenn Matthias Matussek auf Spiegel Online fragt "Was ist Leitkultur?", "Claudia Schiffer oder Hammelbraten?", dann will TAZ-Kriegsreporterin Silke Burmester "gar nicht wissen, was Matussek leitet oder wohin sich bei ihm was leitet, wenn er Claudia Schiffer sieht." +++