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Wie sich Google Streetview zum Kölner Karneval verhält, wieviele iPads Kaiser Franz verwendet und was Jörg Pilawa Revolutionäres im ZDF anstellen wird.

Nichts wirklich Neues heute in den Medienmedien. Viel Fernsehen, das gewohnte Ge-Google, das inzwischen durch die Protagonisten der deutschen Politik bestimmt wird (Minister de Maizière), ein bisserl Seibert.

Und, am schönsten vielleicht: das Genrestück aus einem vermutlich doch bald aussterbenden Biotop des bayerisch-deutschen Pay-Fernsehfußballs, das die FAZ heute mit viel Platz aufbereitet. Das Blatt war in Gestalt seines Münchener Mitarbeiters Michael Seewald bei einer Pressekonferenz des Bezahlsenders Sky, welcher erstens gerade wieder wegen aktueller Geldprobleme in den Schlagzeilen ist und zweitens natürlich auch auf den Start der nächsten Bundesligasaison wartet. Schließlich kann bei Sky, "wer will, ... 27 Stunden und 45 Minuten am Wochenende" Fußball gucken, "der Zerstückelung des Spieltags sei Dank", haben Sky oder die FAZ errechnet.

Außerdem notierte Seewald diese Szene, die außer Fußball- auch Apple-Fans begeistern wird:

"'Der Kaiser ist einer der größten iPad-Fans. Er hat, glaube ich, vier Stück', sagte Carsten Schmidt" - seines Zeichens Sky-Vorstand für Sports, Advertising Sales & Internet -, "um aufs iPad-App 'Sky Sport' zu kommen. Zudem gebe es die Bundesliga-Konferenz am Samstag in 'echtem HD, nicht in der aufgeblasenen Version wie bei der Formel 1'. Franz Beckenbauer musste seine Gastgeber abermals enttäuschen: 'Ich habe nur einen iPad.'"

Das er immerhin "in den Händen" balancieren kann, wie der Tagesspiegel beobachtete. Und dann verwechselte der Kaiser gar noch die Städtchen Windeck (Nordrhein-Westfalen, 20.565 Einwohner laut Wikipedia, 0:4 gegen Bayern München in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals) und Pirmasens (Rheinland-Pfalz, 40.808 Einwohner, 1:11 gegen Bayer Leverkusen)! Entzückend.

Ernsthaftere Einblicke in ein anderes, einstweilen überhaupt nicht bedrohtes Biotop des deutschen Fernsehens gestattet die Süddeutsche Zeitung, die heute den ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut interviewt. Dieser erweist sich als guter Quoten-Controller, der viele Zahlen aus dem effeff sowohl beherrscht als auch in seinem Sinne zu interpretieren versteht. Exemplarisch gleich die Antwort auf die erste Frage nach dem Digitalsender ZDF-Neo:

"Wichtige Erfahrungen, wie man das jüngere Publikum gewinnt. Für 2010 haben wir unser Ziel bereits erreicht: 0,2 Prozent Marktanteil bei allen Haushalten. Nimmt man nur die Haushalte, die Neo empfangen können, sind wir nach nicht einmal einem Jahr bei 0,5 Prozent, und diese Zahl haben wir bei den jüngeren Zuschauern auch erreicht."

Als Interviewer Christopher Keil einmal ein grundsätzliche Frage stellt ("ARD, ZDF, die Dritten Programme, Arte, 3Sat, digitale Info- und Kulturkanäle, jetzt Neo: Braucht ein öffentlich-rechtliches System so viele Sender?"), entgegnet Bellut: "Das ist ein Thema. Aber..." und weicht damit sogleich wieder zu den Themen aus, die ihm lieber sind: Sendeplätzen, Einschaltquoten und der "Flottenstrategie" (nicht etwa flotten Strategie!) des ZDF.

Wie es sich aber gehört, wenn einem eine große Zeitung viel Platz einräumt, hat Bellut ein paar vermutlich exklusive Personalien mitgebracht: Benjamin von Stuckrad-Barre soll auf ZDF-Neo talken, Markus Lanz wird wohl leider doch beim ZDF bleiben und mit dem bei der ARD abgeworbenen Jörg Pilawa stellt der Manzer Sender etwas ganz Originelles an: ein neues "Quiz an Mittwochabenden".

Welcher Name gar nicht fällt in dem Interview: der der Ex-ZDF-Celebrity Steffen Seibert. Wie die ZDF-Nachrichten den ins Regierungslager gewechselten Kollegen zeigten, hat, ähnlich wie wir hier im Altpapier gestern, dann auch taz.de aufgeschrieben. Es sei eine "Verlängerung der Ohrfeige", die ZDF-Chefredakteur Peter Frey Seibert schon zum Abschied gegeben habe.

Noch interessant zur Seibert-Debatte ist ein Beitrag bereits vom Montag im "Tagesschau"-Blog der ARD. Da schrieb Corinna Emundts:

"Was bleibt nach dem ersten Auftritt von Merkels neuem Regierungssprecher? Der Eindruck, dass er sich das nicht nochmal leisten kann. Sonst nimmt den Ex-ZDF-Mann Seibert in seiner neuen Rolle keiner unter den Berliner Journalisten ernst..."

[listbox:title=Artikel des Tages[FAZ über Sky-Presseshow##ZDF-Quotencontroller im SZ-Interview##taz.de über Seibert im ZDF##De Maizière über Rosenmontag & Streetview (FAZ)##Google Streetview Premium (@kadekmedien)]]

Damit rasch zum Thema Google Streetview, anhand dessen sich nun Politik-Celebrities wie
Thomas de Maizière in Szene setzen. Vielleicht muss es für den Bundesinnenminister "plötzlich ganz schnell gehen" mit einer "umfassenden Regelung für Online-Geodienste" (SPON), vielleicht rät er bloß zu "mehr Gelassenheit" (FAZ), jedenfalls läuft bald ein "Spitzengespräch zum Thema 'Digitalisierung von Stadt und Land'" (Tsp.). Und der Berliner Zeitung gab der Minister ein Interview u.a. zu diesem Thema ("Wenn Klingelschilder erkennbar sind oder Kellerfenster gezeigt werden, die zu Einbrüchen einladen, kommt dies einem Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht gleich"). Was genau kommen soll, muss man wahrscheinlich Steffen Seibert fragen.

Zur relativ besten Form läuft de Maizière im (von einem ganz guten Kommentar, "Street View ist nicht das Problem", flankierten) FAZ-Beitrag auf. Da heißt es auch noch:

"Generell warnte er, dass eine zu strenge Regelung zu Kollateralschäden führen könnte. Eine vorherige Widerspruchsregelung bei jeglicher Abbildung mache etwa die Arbeit der Medien unmöglich. Er frage sich, wie Fernsehsender vom Rosenmontagszug in Köln berichten wollten, wenn sie vorher sämtliche Hausbesitzer um Erlaubnis fragen müssten."

Andererseits wäre interessant zu wissen, was die Kölner sagen würden, wenn der globale Marktführer den Kölner Karneval mit unbegrenzter Verweildauer zum Abruf ins Internet stellen würde.


Altpapierkorb

+++ Auch Michael Hanfeld blieb dran und probierte Googles offizielles Widerspruchs-Onlineformular aus. Vorn drauf auf dem FAZ-Feuilleton meldet er: "Einige Nutzer hätten Schwierigkeiten, Zugriff zu bekommen, teilte Google mit, man bedauere die Unannehmlichkeiten. Woran es hakte, war nicht zu ermitteln. Dass so etwas auch einem Suchmaschinenkonzern passiert, war die beruhigende Nachricht des Tages. Wer sich dann zu www.google.de/streetview durchklickte, bekam erst Werbung zu sehen. Für die Abmeldung selbst muss man natürlich genau die Angaben machen, von denen man sich wünscht, dass Google sie nicht hortet und verbreitet." +++ Gerade erreicht uns via Twitter (@kadekmedien) die kostenpflichtige "Street View Premium"-Version. "Der Aufpreis lohnt sich!". +++

+++ Auf Entwicklungen in Frankreich ("Wie der russische Investor Alexander Pugatschew aus 'France Soir' eine Art 'Bild' machen will") blickt der Tagesspiegel. Auch ein Deutscher, "Holger Wiemann, der vor einigen Jahren einmal den Axel-Springer-Verlag in Projekten beraten hat", sei beteiligt. Darüber berichtete bereits gestern auch Rudolf Walther in der Berliner Zeitung. +++

+++ Neue Berechnungen zum Leserverlust auf den inzwischen kostenpflichtigen Webseiten der britischen Times vermeldet die Süddeutsche: "Rückgang von mehr als 40 Prozent in zwei Monaten". +++

+++ Zwei Spielfilme im öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramm wetteifern um Besprechungen. "Schurkenstück" (ARD, 20.15 Uhr) nennt die Süddeutsche "sehr pädagogisch, sehr erwartbar", immerhin sei Hauptdarstellerin Katharina Schüttler "hübsch herb". So zeigt sie sich auch im KStA-Interview ("Ich habe viele Ängste, aber auf der Bühne bin ich durch meine Figuren geschützt. Wenn ich jedoch auf einer Hochzeit singen soll, bin ich total aufgeregt."). +++ "Die Stereotypen im Drehbuch und eine mitunter nervige Kameraführung im Doku-Soap-Format lassen den Film als Ganzes arg schwächeln (TAZ zum Film). "Etwas für Theater-Feinschmecker ... weniger ein Schurken- als ein Glanzstück des Fernsehens" (Tsp.). "Sicher gut gemeint. Aber nicht gut gemacht" (FR/BLZ). +++

+++ "Filmisch hochsensibel beobachteter Prozess aus Anziehung und Abstoßung zweier Fremder, die nichts voneinander wissen" (FAZ, S. 33) über Nora Hoppes Film "Am Ende des Meeres" (Arte, 22.35 Uhr)
"So ansprechend das in visueller Hinsicht auch ist: Die Deutungshoheit, die man dem Zuschauer zuspricht, strengt auf Dauer leider ziemlich an" (TAZ). +++

+++ Es gibt tatsächlich immer noch Fernsehdarsteller, die keine Kommissarsrolle in einer öffentlich-rechtlichen Krimireihe innehaben. Dagegen wird jedoch vorgegangen. Jetzt hat's Maria Simon geschafft (Tsp.). +++

+++ "Es ist ganz unglaublich, dass dieser kleine Text über die Zukunfts-Redakteurin Sabine Magerl in der Vergangenheitsform geschrieben werden muss..." Nachruf von Volker Weidermann auf Magerl, die auchbei der FAS arbeitete, heute in der FAZ. +++

+++ "Wenn sich das ZDF einen modernen Anstrich verpassen will, halten seine Kameraleute ihre Kameras schief". Da geht's in FR/BLZ nicht um Steffen Seibert, sondern erst ums In-Szene-Setzen von Twitterern und dann, durchaus lobend, um den aus Pakistan twitternden ZDF-Reporter Stephan Hallmann. +++ Ebenfalls "Trendsport" bzw. "Kult": das "Turi-Surfen" (epd medien).

+++ A propos Pakistan, der Mesut Özil der WM-Kolumnisten, Deniz Yücel, wechselt nicht zu El Pais oder so, sondern kolumniert weiterhin für die TAZ. Heute nähert er sich unter der Überschrift "Kein Herz für Mullah Omar", äh, gewohnt kontrovers der mangelnden Spendenbereitschaft für Pakistan. +++


Neues Altpapier gibt's wieder am Donnerstag.